Verba Dierum

Institut Philipp Neri

Sonntag, 7. Januar 2007

Sankt Afra ist gerettet!

Was wir, als im Frühjahr die Brandbriefe eintrafen, kaum mehr glaubten erhoffen zu können, was wir dann doch lange Monate voller Spannung verfolgt haben, ist nun geschehen:
Sankt Afra, diese schöne Kirche in günstiger Lage, ist für unseren Gottesdienst gerettet.
DEO GRATIAS!
W.H.W

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Freitag, 23. — Sonntag, 25. Februar 2007

X. Liturgische Tagung in Köln

Die Tagung beginnt mit einem Choralamt. Ich versenke mich in die Psalmen, freue mich der lateinischen Gesänge, freue mich, dieser Kirche anzugehören.
Abends Vortrag, dann Gespräch, morgens wieder ein Vortrag. Und dann die Göttliche Liturgie der griechisch-katholischen Kirche ruthenischer Nation. Ich lasse mich mitreißen von der Kraft dieser Liturgie und sehe: im Innersten bin ich doch Byzantiner.
Zu den Vorträgen des Nachmittags wird der Saal angemessen voll. P. Bernward Deneke referiert über die geistliche Aussage der römischen Liturgie. Wer immer P. Deneke kennt, hat an einen Vortrag von ihm allerhöchste Erwartungen; denen entspricht er nun auch völlig, er verbindet rhetorischen Glanz mit geistlicher Tiefe. Dann folgen die Vorträge von Stephan J. Koster und von Michael Chronz. Auch diese beiden Referenten überzeugen durch Persönlichkeit und Qualität der Gedanken.
Und nun die Vesper: wieder kann ich eintauchen in die Psalmen, in die lateinischen Gesänge, merke, wie ich mit ganzem Herzen Lateiner bin.
Am Abend noch der Vortrag von P. Almiro de Andrade. Gerade jetzt, nach einem reichgefüllten Tag, hat er über das trockenste unserer Themen zu sprechen. Wie er dieses Thema mit Leben füllt, so daß die Müdigkeit des Abends keinen Raum bekommt, ist beeindruckend.
Am Sonntagmorgen ein Levitenamt. Ich bin mitgerissen von dem reichsten Ritus meiner Kirche.
Und dann habe ich die Gelegenheit, über die zwei Seiten in meinem Inneren zu sprechen: «Gesang und Gestus in östlicher und westlicher Liturgie». Und als der byzantinische Kantor, der an meinem Vortrag mitwirkt, erklärt, er habe sich in meinen Worten wiedererkannt, sehe ich: es ist geschafft. Dank den beiden Kantoren!
Und nun kann ich mich auf die lateinische Vesper freuen.
W.H.W

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Sonntag, 24. Juni 2007

Wir stellen Instrumente aus

Museumsfest in Dinslaken. Wir stellen Musikinstrumente aus – mittelalterliche Instrumente, Volksinstrumente aus aller Herren Ländern.
Die Instrumente, sorgsam über den Raum verteilt, machen einen prachtvollen Eindruck. Wir freuen uns über die vielen Besucher, die großes Interesse zeigen. Am eindrucksvollsten ist es, wenn der Maëstro selbst sie vorspielt. Aber in anderer Weise beeindruckend ist es, wenn Kinder erstaunt und wißbegierig die Instrumente betrachten, wenn die Mütter sie dazu noch anspornen. Bald hat man ihnen dann viel zu erklären; und bald hat dann auch jemand ein Instrument in der Hand – bitte mit beiden Händen halten! –, ein Kind oder, wenn das noch zu schüchtern ist, seine Mutter. Und dann ist zu erleben, wie Kinder, wie Mütter (oder auch Tanten) entdecken, auf welch exotischen Instrumenten sie spielen können. Und so verbindet sich Freude an den neuentdeckten Fähigkeiten (soll noch mehr daraus werden? – der Maëstro gibt gern Unterricht) mit Freude an der Musik; und nebenbei lernen sie Spielweise und Geschichte abendländischer Musikinstrumente kennen.
W.H.W

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Papst Benedikt XVI.

Donnerstag, 19. April 2012

Sieben Jahre großer Fruchtbarkeit

Joseph, der Sohn Israëls, sagte voraus, daß sieben Jahre großer Fruchtbarkeit in ganz Ägypten kommen werden und danach sieben Jahre des Not; und, vom Pharao als Statthalter eingesetzt über ganz Ägypten, ließ er Feldfrüchte die Jahre der Fruchtbarkeit hindurch in Speicher sammeln; so wurde das Land von der Not nicht aufgerieben.
Joseph Ratzinger, vom Herrn als Statthalter eingesetzt über die ganze Kirche, hat der Kirche sieben Jahre großer Fruchtbarkeit bereitet durch seine Schriften, seine Reden, seine Anordnungen – indem er dem überlieferten Ordo Raum geschaffen hat, die Bischöfe der Piusbruderschaft von der Exkommunikation befreit hat, die Anglikanerordinariate gegründet hat – und mit solchen Früchten die Speicher der Kirche gefüllt, so daß für die kommenden Jahre keine Not befürchtet zu werden braucht.
• In honorem sanctissimi patris Benedicti PP. XVI •
W.H.W

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Freitag, den 20. April 2012

Das Thema «Liturgie» bei Protestanten

Einen Vortrag über «Die psychologische Weisheit der Liturgie» habe ich im Gemeindesaal der Lutherkirche in Oberfrohna zu halten. Ein kleiner Kreis engagierter Menschen. Zu Anfang werde ich gefragt, ob das nicht eher ein Thema für Katholiken sei. Zum Schluß meinte man, statt «christliche Liturgie» hätte man auch «christliches Leben» sagen können. Und ob man mich weiterempfehlen dürfe.
Man darf.
W.H.W

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Nach dem Konklave, März 2013

Papst Franciscus

Alle reden über Papst Franciscus. Er wird gelobt, er wird bekrittelt – und das, was die einen bemängeln, ist gerade das, was die anderen loben. Was läßt sich wirklich von ihm sagen?
Eines ganz sicher: er hat das schwere Los, Nachfolger eines großen Vorgängers zu sein.
Doch auch von ihm darf man etwas erhoffen – nicht daß ich es erwartete, doch ich hoffe. Ich hoffe, daß er – woran Papst Benedikt sein übergroßer Sinn für Loyalität gehindert hat – die deutsche und die römische Lehmannkirche in die Schranken weisen wird (wobei mir auffällt, daß Traditionalisten und Modernisierer in der Übersetzung von «Lehmann» ins Italienische übereinstimmen). Ich hoffe gar, daß, so wie einst Pius XII. den Kommunismus feierlich verurteilt hat, er ebenso den Marktliberalismus verurteilen wird.
Was besonders am neuen Papst bemerkt wird, ist seine Schlichtheit im Auftreten. Doch was ich an ihm wahrnehme, ist vor allem eine gewisse Unsicherheit. Daher ist seine Bescheidung in der Form wohlverständlich: wer die große Form übt, ohne den rechten Sinn dafür zu haben, ist schnell in Gefahr, den wohlbekannten einen Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen zu tun (was ich bei unserem hohen Klerus durchaus erlebt habe).
Doch peinlich wird es, wenn die (ja durchaus liebenswerte) menschliche Schwäche zur Tugend umgedeutet wird. Sicher ist so mancher angetan davon, gar begeistert, wenn ein Papst, anders als seine Vorgänger, ganz schlicht, gleichsam als «Mensch wie du und ich» auftritt. Doch solch eine Popularität nährt sich von der Substanz: wenn nacheinander mehrere Päpste so aufträten, wäre es nichts Besonderes mehr, sondern nur noch langweilig. So liegt der Verdacht nahe, daß, wer diese Art des Auftretens des neuen Papstes gegen seine Vorgänger ausspielen will, sich eigentlich gegen das Papsttum selbst wendet.
Im Glanz der Tiara konnte Leo XIII. der Kirche die katholische Soziallehre auftragen (er war 81 Jahre alt, als er die große Enzyklika Rerum novarum verfaßte; nach heutigem Kirchenrecht hätte er in diesem Alter als Bischof längst seinen Rücktritt angeboten haben müssen, hätte er als Kardinal nicht mehr an einem Konklave teilnehmen können). Als er 92 Jahre alt war, schrieb Stephan George sein Gedicht «Leo XIII.»: «Heut da sich schranzen auf den thronen brüsten / Mit wechslermienen und unedlem klirren: / Dreht unser geist begierig nach verehrung / Und schauernd vor der wahren majestät / Zum ernsten väterlichen angesicht / Des Dreigekrönten wirklichen Gesalbten ... Wenn angetan mit allen würdezeichen / ... / ER eingehüllt von weihrauch und von lichtern / Dem ganzen erdball seinen segen spendet: / So sinken wir als gläubige zu boden / Verschmolzen mit der tausendköpfigen menge / Die schön wird wenn das wunder sie ergreift.»
Im Glanz der Tiara konnte Pius XI. den Antisemitismus, dann den Faschismus, dann den Nationalsozialismus verurteilen, konnte Pius XII. (er trug es die Tiara nur ungern, aber er wußte sie doch mit Würde zu tragen) Tausenden Juden in den Gebäuden des Vatikan Zuflucht verschaffen, die Rettung Zehntausender zumindest, wenn nicht gar Hunderttausender (so Pinchas Lapide) in ganz Europa in Gang setzen. Daß die Autorität eines «Papa nudo»*) unserer Zeit dazu ausreichte, ist nicht sicher.
Wer aber angesichts des Namens des neuen Papstes vom «Poverello» träumt – an sich durchaus berechtigt –, der hüte sich, die Langweiligkeit heutiger Pfarrerinitiativenpfarrer und Memorandumstheologen auf diesen großen Heiligen zu projizieren: «Calices, corporalia, ornamenta altaris et omnia, quae pertinent ad sacrificium, pretiosa habere debeant» – an diese Forderung des heiligen Franciscus hat kürzlich Pietro C. erinnert.

*) «Arriva il papa nudo» zitierte in einer Predigt „nach dem Konklave“, in der Papst Franciscus gegen seinen Vorgänger instrumentalisiert wurde, ein Münsteraner Theologieprofessor (der auch zuvor schon Sonderbares äußerte) eine Überschrift einer ungenannten italienischen Zeitung, die freilich im Netz unbekannt ist.
W.H.W

Nachtrag von Donnerstag, 26 September 2013 / Samstag, 12. Juli 2014:
Eine gewisse Unsicherheit – nein, das war ein vorschneller Eindruck von Papst Franciscus: unsicher sieht man ihn nur, wenn er mit einem Pfingstlerhäuptling kaspert. Eine sehr viel treffendere Charakterisierung gibt Lucrecia Rego de Planas: PERPLEJIDAD, una carta al Papa Francisco (das Original des Textes ist leider aus dem Netz genommen).
W.H.W

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225. Jahrestag des Todes des seligen Innozenz XI.

Dienstag, 12. August 2014

Das Ende vom Anfang vom Ende des Nepotismus

Im frühen Mittelalter war man noch weit entfernt vom Gewaltmonopol des Staates. Darum sahen sich Herrscher und Landesherren genötigt, alle wichtigen Machtpositionen mit Vertrauten und am besten mit nahen Angehörigen zu besetzen. Die Päpste folgten nicht selten diesem Beispiel – nicht erfreulich, aber auch nicht verwunderlich, vielleicht kaum vermeidlich.
Doch in der Renaissance, als sich die politischen Verhältnisse etwas konsolidiert hatten (zuzugeben: im Italien der Condottieri noch am wenigsten), fand diese Unsitte nicht etwa ihr Ende, sondern wurde von Papst Sixtus IV. (1471-1484) auf den Höhepunkt getrieben: die Zeit des Nepotismus, der „Nepoten“ der Päpste begann.
Der Nepotismus entsprach dem Denken jener Zeit: es war die große Zeit des Adels, adelige Abstammung war im säkularen Bereich das, was dem Menschen am meisten seinen Rang zuwies. Und wenn den Angehörigen säkularer Herrscherhäuser das höchste Ansehen und auch der höchste Wohlstand zukam, wer wollte (wenn er entsprechend weltlich dachte) den Päpsten verdenken, daß sie für ihre Angehörigen Ähnliches anstrebten?
Für die Kirche aber wurde daraus ein gravierendes Übel, das nichtsdestoweniger zwei Jahrhunderte hindurch schwere Schäden anrichten konnte. Doch 1676 wurde Benedetto Odescalchi zum Papst gewählt, Innozenz XI., der sich in jeder Weise für das Heil der Seelen und das Wohl der Armen einsetzte und die Abschaffung des Nepotismus zu einem zentralen Anliegen seines Pontifikats machte.
Aber die Bulle, mit der er dem Nepotismus endgültig ein Ende bereiten wollte, scheiterte am Widerstand der Kurie.
Am 12. August 1689 starb Papst Innozenz XI., am 6. Oktober wurde sein Nachfolger gewählt, Alexander VIII., der konsequent zum Nepotismus zurückkehrte.
Doch dieser Sieg des Zeitgeistes war nicht von Dauer; auf Alexander VIII. folgte Innozenz XII., der nicht nur dem Namen nach sich Innozenz XI. anschloß, sondern der auch die Bulle durchsetzte, die dem Nepotismus wirklich ein Ende bereitete.
W.H.W

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Papst Paul VI.

Sonntag, 19. Oktober 2014

Ein seliger Papst — ein unseliger Pontifikat

Ein glaubhaftes Wunder (seit der Reform Johannes Pauls II. Reicht ein einziges ja aus): die Seligsprechung Papst Pauls VI. scheint korrekt vonstatten gegangen zu sein.
Paul VI.: ein hochgebildeter frommer Mann, gewissenhaft, so gewissenhaft, daß er zerquält wirkte, mit so wenig Sinn für das Empfinden von Menschen, daß er trocken und den Menschen fern erschien, dabei völlig festgelegt auf seine ganz persönlichen Ideen.
Durch das Motu Proprio «Ecclesiae Sanctae» von 1970 verpflichtete Papst Paul die Bischöfe, mit fünfundsiebzig Jahren ihr Amt aufzugeben; dabei berief er sich auf das Dekret «Christus Dominus» des II. Vaticanum – irreführend: er ignorierte die Bedingung, das «si», in n. 21 des Dekrets. Nun ist es aber seit jeher Norm in der Kirche, im Westen wie im Osten, daß ein Bischof sein Amt bis zum Tode auszuüben hat, wenn er nicht, durch Krankheit etwa oder Gefangenschaft, daran gehindert ist und sich keine schweren Vergehen zu schulde hat kommen lassen. Daß der Papst dabei ein schlechtes Gewissen hatte, ist daran zu sehen, daß er die Bischöfe nicht etwa, sobald sie die Altersgrenze erreicht haben, für abgesetzt erklärte, sondern sie sich an dieser Unregelmäßigkeit beteiligen ließ. Als Bischof von Rom folgte er fünfundsiebzigjährig nicht dem eigenen Motu proprio. Durch das Motu Proprio «Ingravescentem aetatem» von 1970 schloß er die Kardinäle, die achtzig Jahre oder älter waren, vom Konklave aus. Bis dahin hatten die Päpste keinerlei Recht beansprucht, irgendeinen Kardinal vom Konklave auszuschließen; selbst exkommunizierte Kardinäle konnten sich beteiligen.
Er schaffte 1973 mit dem Motu Proprio «Ministeria quaedam» die niederen Weihen ab (zwei davon wurden dabei durch «Beauftragungen» ersetzt, Beauftragungen, die also ausdrücklich keine Weihen sind). Daß er dabei selbst den von alters her in fast allen Kirchen bekannten Subdiakonat abschaffte, entsetzte sogar Bernard Botte (Témoignages et souvenirs / Le mouvement liturgique. Paris 1973), Mitglied der zuständigen Kommission.
Das Konzil von Trient (Sessio XXIII: Doctrina de sacramento Ordinis, Cap. 2. [de septem Ordinibus]) hatte erklärt, daß Einmütigkeit darüber bestehe, daß es mehrere und verschiedenartige Ordines, Weihen gebe, damit man durch die niederen zu den höheren aufsteigen könne, damit das Priesteramt würdiger und mit größerer Verehrung ausgeübt werden könne. Und unter den «Canones de sacramento ordinis» belegt der zweite den mit einem Anathema, der sagt, es gäbe außer dem Priesteramt in der Kirche keine anderen Ordines, niedere und höhere, durch die gleichsam durch gewisse Stufen zum Priesteramt gestrebt wird.
Die vom II. Vaticanum angeordnete Liturgiereform war 1965 zu Ende gebracht worden – das stellte Kardinal Amleto Giovanni Cicognani ausdrücklich fest im Vorwort zu dem in diesem Jahr erschienenen Schott. Doch Papst Paul ließ eine Kommission unter Annibale Bugnini weiterreformieren. In dieser neuen Runde von Reformen wurden die Anordnungen des II. Vaticanum kaum mehr beachtet. «Neuerungen sollen nicht erfolgen, wenn nicht ein wahrer und gewisser Nutzen für die Kirche das fordert», hatte das Konzil in «Sacrosanctum concilium» angeordnet (§ 23). Ebenda hatte es auch angeordnet, daß aller Reform eine «sorgsame theologische, historische, pastorale Untersuchung immer vorangehe». Das geschah kaum. Ein kleines Beispiel ist das Schuldbekenntnis, in dem man zuvor den Heiligen die Sünden bekannte, um sie dann um Fürsprache zu bitten. Nach der Reform aber werden die Heiligen nur noch einmal angesprochen, bei der Bitte um ihre Fürbitte. Abgesehen vom «wahren und gewisen Nutzen», der davon sicher nicht zu erwarten ist: zwar wurde auch in den ältesten Quellen die Reihe der Heiligen nur einmal genannt, hier aber beim Bekenntnis. Soviel zur «sorgsamen historischen Untersuchung».
Die «tätige Teilnahme» des Volkes, der ein ganzer Hauptabschnitt von «Sacrosanctum concilium» (II. De liturgica institutione et de actuosa participatione prosequendis) gewidmet ist, begann mit dieser Reform mehr und mehr abgebaut zu werden (siehe: W.H.W.: Die neuere Geschichte der «actuosa participatio». E&E 17 (2012), S.39-42).
Die Messe nach der Ordnung Annibale Bugninis als wurde «Missa Normativa» 1967 einer Bischofssynode vorgeführt (sicherlich das erste Mal in der Kirchengeschichte, das eine Messe vorgeführt wurde); sie fand nicht die Zustimmung der Bischöfe. Dennoch ließ der Papst Mons. Bugnini weitermachen. Ein Mitglied seiner Kommission, Louis Bouyer, machte den Papst darauf aufmerksam, daß Mons. Bugnini ihn, den Papst, ebenso wie die Kommision täuschte – seine eigenen Ideen gab er der Kommission gegenüber als Forderungen des Papstes, dem Papst gegenüber als Wünsche der Kommission aus. Dennoch ließ der Papst ihn weitermachen. 1969 wurde die wenig veränderte «Missa Normativa» als «Novus Ordo Missae» allgemein vorgeschrieben. Bald darauf haben die Kardinäle Ottaviani und Bacci ihr «Breve esame critico» dieses Ordo herausgegeben. Ändern ließ der Papst daraufhin zwar das Vorwort, am Ordo selbst aber nichts. 1970 wurde dieser Ordo, der sich von den Vorgaben des II. Vaticanum weit entfernt hatte, aber nichtsdestoweniger als deren Ausführung ausgegeben wurde, dann verbindlich.
« Im Herbst 1972 sprach Paul VI. zu den Teilnehmern einer Mittwochsaudienz ... , erinnerte – gegen seine Gewohnheit in freier Rede – mit Wehmut an das abgeschaffte Meßformular und pries dessen Schönheit und Tiefsinn – »vor der jüngst erfolgten Reform der Liturgie«. » (Reinhard Raffalt: Wohin steuert der Vatikan. München 1973, II. Der Verfall der römischen Tradition)
Anerkennung und Wertschätzung hatte das II. Vaticanum Christen und Juden einander gegenüber anbefohlen («Nostra aetate», § 4). In der neuen Leseordnung wurde an Allerheiligen die Aufzählung der Stämme Israels aus der Apokalypselesung gestrichen (siehe: W.H.W.: Antijudaïsmus in der Liturgie? E&E 1 (1996), S.10-12).
Dies ist nicht die einzige Perikope, die durch Kürzung entstellt wurde. Die Epistel vom Gründonnerstag (I. Cor. 11, 20-32 / neu: 23-26) wurde so beschnitten, daß ihre Kernaussage fehlt: die Warnung, unwürdig Leib und Blut des Herrn zu empfangen (v. 27-29).
Bereits 1964 hatte Papst Paul die notwendige Nüchternheit vor dem Kommunionempfang auf eine Stunde reduziert. Bis zur Mitte des Jahrhunderts war in der lateinischen Kirche so wie in allen Kirchen des Ostens (mit Ausnahme der abendlichen Messen an wenigen besonderen Tagen des Kirchenjahrs: da bleibt der orthodoxe Christ von Mittag an nüchtern) Nüchternheit von Mitternacht an selbstverständlich. Papst Pius XII. erlaubte, vor allem um Abendmessen zu ermöglichen, sie für Speisen auf drei, für Getränke auf eine Stunde zu reduzieren; doch zugleich empfahl er, bei der alten ökumenischen Regel zu bleiben. Indem die Nüchternheit nun durch Paul VI. auf eine Stunde reduziert wurde, wurde sie praktisch unerheblich, wurde sie bald vergessen. Zudem war dann im Zuge des Abbaus der «actuosa participatio» das Knieen beim Kommunionempfang vielerorten weggefallen. Schwerwiegende Schritte zur Veralltäglichung des Sakraments (in den achtziger Jahren hörte ich eine katholische Studentin sagen: «Wenn ich mir vorstellte, daß die Hostie wirklich Leib Christi sei, könnte ich nicht zur Kommunion gehen»).
1972 stellte Papst Paul fest: «Wir haben das Gefühl, daß durch irgendeinen Spalt der Rauch des Satans in den Tempel Gottes eingedrungen ist.» Doch er änderte nichts; so blieb das die Bilanz seines Pontifikats.
W.H.W

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 Աղետ

Samstag, 24. April 1915 — Freitag, 24. April 2015 

Aghet

Sayfo 

Eriwan: Denkmal des Völkermords

R. I. P.

Orietur Occidens

Samstag, 13. Juni 2015

50. Jahrestag des Todes von Martin Buber

Ein großer jüdischer Denker – was aber haben Christen seiner zu gedenken?
Ich weiß drei Antworten:
I. «Du»: in eine Zeit, in der auch Christen begonnen haben, in Gott nur einen unbestimmten Weltgeist, nur ein Prinzip zu sehen, stellt Martin Buber die Forderung hinein, in Ihm die Person zu sehen, zu der wir «Du» sagen können (das «ewige Du» – diese Einsicht ist nicht zu entwerten durch Kritik an einzelnen Implikationen von Martin Bubers Werk).
II. «Erfolg ist kein Name Gottes» (Frankfurter Hefte 6, S. 195f., 1951): in eine Zeit der Vergötzung des Erfolgreichen erklärt Martin Buber den Erfolg für unwesentlich (nicht, daß er nicht erstrebenswert wäre – aber für den Wert einer Person und ihres Tuns ist er unwesentlich).
III. «Bund des Friedens»: Mit anderen Juden begründete er den«Brîth Schalôm», einen Bund, der Versöhnung suchte zwischen Juden und Arabern. Dieser Bund war erfolglos gegen die Macht des Hasses auf beiden Seiten. Doch er war auf Frieden im Heiligen Land gerichtet, auf einen Frieden, der jenem Haß den Nährboden hätte entziehen können, aus dem all das weitere Unheil für Juden und Araber entstanden ist, einem Haß, der auch mitverantwortlich ist für die Christenverfolgung, die heutzutage den Nahen Osten heimsucht, das Gebiet, in dem der christliche Glaube seinen Lauf begonnen hat.
W.H.W

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Völkermord an den Armeniern

Freitag, 18. September 2015

Heute vor 120 Jahren: der erste Akt

An diesem Tag demonstrierten Armenier in Istanbul friedlich für ihre bürgerlichen Rechte. Darauf reagierte die Regierung mit Massakern an Armeniern in Istanbul und in etlichen weiteren Städten des Osmanischen Reiches.
Schon im Jahr zuvor hatte es Massaker in Sasun (türkisch: Sason) gegeben, aber aus einem lokalen Anlaß heraus; sie richteten sich noch nicht gegen das ganze armenische Volk.
Zwölf Jahre später kamen die „Jungtürken“ an die Macht (auf die Armenier zunächst gutgläubig ihr Vertrauen setzten). Während für die Massaker von 1909 und den Völkermord von 1915 diese die Verantwortung trugen, lag die für die Massenmorde von 1895-96 also bei Sultan Abdülhamid.
«Wer spricht denn heute noch von der Vernichtung der Armenier?» sagte Hitler am 22. August 1939 bei einer Geheimrede an die Oberkommandierenden der Wehrmacht (er sprach damals von den Polen: «Wir müssen mitleidslos wie Dschingis Khan Männer, Frauen, Kinder, Greise der polnischen Rasse vernichten» – was die Juden betrifft, äußerte er sich vor diesem Kreis nicht so offen).
Ebendarum auch ist es an uns, davon zu sprechen.
W.H.W
• 1915 – 2015 / Centenaire du génocide arménien • 
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P. Maximilian Kolbe: 75. Jahrestag

Freitag, 29. Juli 2016

«Ich will statt seiner sterben»

Heute vor 75 Jahren forderte P. Maximilian Kolbe mit diese Worten in Auschwitz den Lagerleiter auf, ihn, den Priester und Ordensmann, als Opfer zu nehmen anstelle des Familienvaters Franciszek Gajowniczek.
P. Maximilian Kolbe starb nach zwei Wochen im Hungerbunker am 14. August an einer Phenolspritze. Seine letzten Worte an den Exekutor: «Sie haben vom Leben nichts verstanden. Der Haß nützt nichts. Nur die Liebe schafft.»
Franciszek Gajowniczek starb 1995, seine Frau Helena 1977.
W.H.W

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Scho’a

Donnerstag, 23. Oktober 1941 — Sonntag, 23. Oktober 2016

Die endgültige Entscheidung zum Völkermord: 75. Jahrestag

Von Anfang an hat es unter dem NS-Regime Übergriffe, oft mörderische Übergriffe gegen Juden gegeben. Nach den Progromen der „Reichskristallnacht“, seit dem Beginn des Krieges im Osten kam es immer mehr zu Massenmorden. Aber der 23. Oktober 1941 zeigte es endgültig, daß nicht Vertreibung beabsichtigt war, sondern der Völkermord: Juden wurde an diesem Tag die Auswanderung untersagt.
W.H.W

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500 Jahre „Reformation“

Dienstag, 31. Oktober 2017

Ein unerfüllter Segenswunsch aus dem XVI. Jahrhundert

Aus dem Schreiben des Ökumenischen Patriarchen Jeremias II. von 1576 an die Wittenberger Reformatoren:
«Wenn Wir Euch aber in manchen Stücken unserer Lehre nicht im ersten Augenblicke erfreuen; so getrösten Wir uns doch Ihr werdet nach Eurer Weisheit nichts der wahren und gesunden Lehre vorziehen und Euch der ganz neuen Meinungen und Lehren, die der wahren evangelischen Philosophie Jesu Christi durchaus zuwider sind, entschlagen und Eure Zeit nicht in der Abweichung vom wahren Glauben und mit Veränderung einer Lehre in die andere verderben. Ihr werdet auch nicht hartnäckig auf Meinungen, die der gesunden Vernunft widersprechen, verharren, sondern vielmehr nach dem, was wahr und recht ist, trachten, und anhängen der wahren Weisheit unsers Herrn Jesus Christus, welche seine heiligen Jünger und Apostel in ihren canonischen und heilsamen Schriften bekennen, an die sich alle allgemeine und besondere Kirchenversammlungen, wie auch die heiligen Väter gehalten haben, und die uns der einigen, heiligen Kirche Prediger und Lehrer, welche den Verstand und die Wissenschaft Gottes haben, vortragen, und worin Alle miteinander übereinstimmen.»
– Des Herrn Patriarchen . . . . . Sendschreiben an Dr. Jakob Schmidle und Martin Krausen, sammt ihren Mitverwandten der Augsburgischen Confession –
Urtheil der Orientalischen Kirche und ihres Patriarchen zu Konstantinopel über die Augsburgische Confession mit einigen Bemerkungen herausgegeben von Johann Georg Pfister ehemals Pfarrer zu Ober-Leichtersbach. Würzburg 1827
Siehe auch: • Das Rätsel der „Reformation“ •
W.H.W

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Mariawald

Mittwoch, 1. — Sonntag, 5. August 2018

Als Gast der letzten Tage

Es geht durch sehr unruhige See, aber das Schiff macht gute Fahrt, von seinem Kapitän mit sicherer Hand gesteuert. Doch ist von einigen Querulanten an Bord die Rede; und einer jedenfalls widersetzt sich dem Kurs.
Was tut der Reeder in dieser Lage?
Er ordnet an, daß die Mannschaft das Schiff verläßt, sich geordnet, der Reihe nach in die Rettungsboote begibt, der Kapitän als letzter.
Diese Allegorie gibt wieder, was zur Zeit mit dem Trappistenkloster Mariawald geschieht.
In Mariawald – damals war es schon Wallfahrtsstätte – wurde, hoch auf dem Berge, abseits aller Siedlungen, 1486 ein Zisterzienserkloster gegründet. Nach der Unterdrückung durch das französische Revolutionsregime wurde es 1860 als Trappistenkloster wiederhergestellt, nach neuerlicher Vertreibung im preußischen Kulturkampf von den Mönchen wieder in Besitz genommen und 1909 zur Abtei erhoben, dann folgte wieder Vertreibung, nun durch das NS-Regime, und wieder, nach dem Krieg, kehrten die Mönche zurück.
In den letzten Jahrzehnten nahm das geistliche Leben ab und ebenso die Zahl der Mönche. Doch 2008 gelang es dem Abt, umzusteuern: mit dem Segen Papst Benedikt XVI. erneuerte er das Leben des Klosters, ganz im Sinne des II. Vatikanischen Konzils (Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens Perfectae caritatis 2.): «Zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens heißt: ständige Rückkehr ... zum Geist des Ursprungs der einzelnen Institute, zugleich aber deren Anpassung an die veränderten Zeitverhältnisse. ... (b)) Darum sind der Geist und die eigentlichen Absichten der Gründer wie auch die gesunden Überlieferungen, die zusammen das Erbe jedes Institutes ausmachen, treu zu erforschen und zu bewahren.» Deshalb stellte er die strenge Befolgung der Regel und der ursprünglichen Ordnung des Zisterzienserordens wieder her; andererseits paßte sich das Leben des Klosters den Zeitverhältnissen an: etwa indem nicht nur Messe und Stundengebet anders als bei den frühen Zisterziensern für die Bevölkerung des Umlands offen sind, sondern zudem auch Übersetzungen der liturgischen Texte ausliegen, zum Teil mit Noten, mit Erläuterungen, sodann indem eine CD mit liturgischen Gesängen des Klosters herausgegeben wurde, indem Gäste durchs Netz ins Kloster eingeladen werden.
Nun brauchte es etwas Zeit, bis der Erfolg der Reform sichtbar wurde. Vierzehn Jahre (1098-1112) hatte es nach der Gründung von Cîteaux gedauert, bis Bernhard von Clairvaux mit seinen Gefährten ins Kloster kam und als Adliger dessen anfängliche Dauerkrise mit seinen Mitteln beenden konnte.
Die Abtei Mariawald war klein, aber lebensfähig. 2013 zählte sie zwölf Profeßmönche, deren einer hatte im Jahr zuvor die Profeß abgelegt; von ihnen lebten neun im Kloster, zwei waren Eremiten, einer wirkte als Spiritual in der Trappistinnen-Abtei Maria Frieden im gut 30 km entfernten Dahlem. Dazu kamen zwei Novizen.
Hat es, wie zu hören ist, unter den Mönchen eine Minderheit gegeben, die gegen die geistliche Erneuerung war? Einer jedenfalls widersetzte sich.
Als einst in der Abtei Brauweiler, 50 km von Mariawald entfernt, das geistliche Leben zum Erliegen kam, führten 1467 nach einer Visitation Erzbischof und Abt dort die Bursfelder Reform ein; die reformunwilligen meist adligen Mönche wurden des Klosters verwiesen.
Als das geistliche Leben der grundbesitzenden Klöster in der frühen Neuzeit unter den Kommendataräbten litt – vom König eingesetzten Feudalherren, denen es vor allem um die Einkünfte ihrer Klöster ging –, bekehrte sich der Kommendatarabt des Zisterzienserklosters La Trappe, Armand Jean Le Bouthillier de Rancé, und begann eine Reform; daraufhin gab Ludwig XIV., der Sonnenkönig, dem Kloster das Recht auf freie Abtwahl und verzichtete auf sein Recht, Kommendataräbte einzusetzen, solange die Reform währen würde. So entstanden die Trappisten.
Und in unserer Zeit nun die Reform von Mariawald.
Im Oktober 2016 kam es zum ersten Eclat – ich referiere nach einem Rundbrief des Abtes, den er am 25. X. 2016 veröffentlichte und ins Netz stellte: zwei Visitatoren erschienen im Kloster, führten mit dem Abt Gespräche, er trat daraufhin von seinem Amt zurück, denn sonst «hätte die Gefahr bestanden, dass durch eine absehbare Änderung der Statuten im nächsten Jahr eine Schließung der Abtei selbst gegen den Willen des Konvents hätte erfolgen können.»
Das Kloster wurde nun einer niederländischen Abtei unterstellt; der Altabt selber übernahm das Amt des Priors. «Durch die Neuordnung erhalten wir in Mariawald die Möglichkeit, für die älteren Mitbrüder [gemeint sind die reformunwilligen Mönche], wenn es die Situation verlangt, durch Hilfe ... [des niederländischen Abtes] besser zu sorgen. Die jüngeren Mitbrüder haben ausdrücklich den Segen und die wohlwollende Zustimmung des Immediaten [des niederländischen Abtes], mit mir als Prior den Weg der Tradition weiterzugehen.»
Im Januar 2018 kam es zum zweiten Eclat: Die Kongregation für die Institute des geweihten Lebens ordnete an, das Kloster im Laufe des Jahres zu schließen. Im Netz sowie auf einem Aushang an der Gaststätte, die zum Kloster gehört, ist zu lesen: «Für die älteren und pflegebedürftigen Mönche wird gesorgt; sie werden anderswo eine Bleibe finden, evtl. in einem Haus, das ihnen die Möglichkeit gibt, als kleine Gemeinschaft weiterhin ein mönchisch geprägtes Leben zu führen. Die jüngeren Mönche, zu denen auch Dom Josef gehört, sind auf der Suche nach einem Kloster, in dem sie ein Leben gemäß ihrer Berufung fortsetzen können.»
Es gibt Trappistenklöster, denen es personell schlechter geht als Mariawald, die noch bestehen bleiben dürfen.
Nur die Wirtschaftsbetriebe des Klosters – Mariawald war finanziell autark – sollen bestehen bleiben («Stand Juni 2018»).
Als ich im Kloster eintreffe, haben viele Mönche es schon verlassen. Eine Woche zuvor, am Fest des heiligen Jakobus, sei noch einmal die Liturgie gesungen worden, höre ich, doch die Stimmen haben kaum mehr gereicht. Nun wird alles leise gebetet, Messe und Stundengebet – nur am Sonntag zum Weihwassersegen höre ich noch priesterlichen Gesang, jedoch kein Asperges me mehr. Durch die ausliegenden Bücher kann ich doch das Stundengebet einigermaßen mitbeten. Vigilien und Laudes können nur noch intern gebetet werden; doch zu allen übrigen Gebetsstunden versammelt sich im Kirchenschiff eine winzige Gemeinde, und in der Sonntagsmesse – immer noch mit Predigt – sind es in dieser abgelegenen Kirche erstaunlich viele Teilnehmer.
Wie nun geht es den Mönchen, deren Lebensgemeinschaft zerstört, dem Altabt, dessen Lebenswerk zerstört worden ist? Es beeindruckt, wie selbstverständlich der Abt die Gottesdienste vollzieht, soweit es nur die verbleibenden Möglichkeiten gestatten. Es beeindruckt, wie bei der Aussetzung des Allerheiligsten nach der Vesper (im Ciborium, nicht in der Monstranz, also nicht eigentlich sichtbar) er, während es mir auf der Kniebank mit der allerdings sehr unbequemen Armstütze unbehaglich wird, eine Viertelstunde lang kniet, den Kopf zu Boden gebeugt, bevor er dann den sakramentalen Segen spendet.
Vor der Vollversammlung der „Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens“ am 28. Januar 2017 hatte Papst Franziskus I. gesagt: «Siamo di fronte ad una “emorragia” che indebolisce la vita consacrata e la vita stessa della Chiesa. Gli abbandoni nella vita consacrata ci preoccupano – Wir stehen einem „Blutfluß“ gegenüber, der das geweihte Leben und das Leben der Kirche selbst schwächt. Die Abbrüche im geweihten Leben bereiten Uns Sorge.» Ebendiese Kongregation hat nun dafür gesorgt, daß ein besonders bedeutsames Kloster, das einzige Trappistenkloster in Deutschland, gerade hoffnungsträchtig erneuert, jetzt wegbricht.
Nach der Unterdrückung durch das französische Revolutionsregime hatte es 65 Jahre gedauert, bis das Kloster wiederhergestellt werden konnte, nach der Vertreibung im preußischen Kulturkampf etwa anderthalb Jahrzehnte, nach der durch das NS-Regime nur wenige Jahre. Und jetzt?
Auf dem Weg zum Einheitsorden?
Siehe auch:
• Franziskus I. und die Franziskaner der Immaculata •
W.H.W
Nachtrag von Samstag, 15. September 2018:
Heute, am Fest der sieben Schmerzen Mariens, wird das Kloster endgültig aufgelöst. Aus diesem Anlaß zelebriert in der Klosterkirche ein Weihbischof aus Aachen ein Pontifikalamt – so gestaltet, daß der Altabt Grund hat, sich als nicht eingeladen zu betrachten.
W.H.W

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In memoriam

Freitag, 11. Januar 2019

P. Karsten Bürgener †

Am Dienstag ist Pastor Bürgener gestorben, ein Mann, der sich in der evangelischen Kirche ein Leben lang unermüdlich mit seelsorglichem Wirken und mit etlichen Büchern für den Glauben eingesetzt hat.
Er war ein Mann, der, mit offenem Blick, klarem Urteil und reichem theologischem Wissen, sich der Wahrheit verpflichtet wußte, die Lehren der Reformation kritisch an der Heiligen Schrift überprüft hat und sich nie irgendeinem Mainstream angepaßt hat. Ich habe seine verläßliche menschliche Verbundenheit geschätzt und seinen nie nachlassenden Eifer, auch als er schon sehr von der Krankheit beschwert war.
Kennengelernt habe ich ihn dadurch, daß in einer katholischen Zeitschrift auf eines seiner Bücher aufmerksam gemacht wurde, die im Selbstverlag erschienen: „Die Auferstehung Jesu Christi von den Toten“ (Bremen 19924). Schon das 2. Kapitel zeigte mir, wie er geistige Weite mit entschiedenem Glauben verband: dort weist er darauf hin, daß er als Missionar im islamischen Indonesien erkannt habe, daß ebenso die Suren im Koran die Briefe des heiligen Paulus im Neuen Testament nach ihrer Länge geordnet sind. (Übrigens ist ein späteres Kapitel der Frage gewidmet, welcher von vier in Betracht gezogenen Orten das Emmaus des Evangeliums sei. Später habe ich gelesen, daß neue wissenschaftliche Ergebnisse seine Meinung bestätigt haben.)
Hingewiesen wurde ich dann auf weitere seiner Bücher; ich habe bestellt und, wenn ich auch durchaus nicht über die Konfessionsgrenze hinweg in allem mit ihm übereingestimmt habe, habe ich doch sehr viel Wichtiges aus ihnen gelernt. Manches davon ist in unsere Hefte zu Ehren der heiligen Ewald & Ewald gelangt. Eines dieser Hefte habe ich ihm zugeschickt; er hat es gelesen, geantwortet und wurde ein regelmäßiger Leser. Persönlich begegnet bin ich ihm nur einmal; aber es entspann sich zwischen ihm und mir ein langjähriger Briefwechsel. Seine Werke hat er mir nunmehr von sich aus zugeschickt.
Schließlich wurde er im „Hochkirchlichen Apostolat St. Ansgar“ zum Bischof geweiht. Er legte Wert darauf, daß die Weihe in echter apostolischer Sukzession stattfand, nicht etwa über anglikanische oder schwedische lutheranische Bischöfe.
Ich sehe in ihm einen der Großen der Kirche unserer Zeit. Um so mehr ehrt es uns, daß er unsere Texte in den E&E-Heften geschätzt hat.
R. I. P.
W.H.W

Orietur Occidens

Scheintodhypothese

Ostersonntag, 21. April 2019

Rechtzeitig zu Ostern

geht die Scheintodhypothese durch die Medien: ein Buch, „Kein Tod auf Golgatha“ von Johannes Fried, das auf einen Aufsatz von Maximilian Ledochowski und Dietmar Fuchs, „Ist Jesus am Kreuz gestorben oder rettete der Lanzenstich zufällig sein Leben?“ (Biologie in unserer Zeit 44, 2014), zurückgreift, wird in den Zeitungen besprochen, mal ablehnend, mal unterschwellig zustimmend.
Die These: Verletzungen des Brustkorbs infolge von Geißelung oder Mißhandlung durch römische Soldaten hätten ein lebensbedrohliches Gemisch aus Blut und Wasser entstehen lassen, das so auf die Lunge gedrückt habe, daß die Atmung derart reduziert worden sei, daß Jesus bewußtlos geworden und tot erschienen sei. Doch der Stich in die Seite habe dieses Gemisch abfließen lassen – tatsächlich traten ja Blut und Wasser aus (Joh. 19, 34) –, so daß Jesus habe überleben können, wenn auch zunächst weiterhin bewußtlos.
Also: dem römischen Soldaten, der eigentlich den Tod Jesu gewährleisten wollte (als Soldat verstand er sich darauf), wäre es unbeabsichtigt gelungen, mit seinem Lanzenstich eine lebensrettende Punktierung vorzunehmen, wie sie heutige Chirurgen mit einer geeigneten Kanüle vorzunehmen verstehen; weder hätte er Herz oder Aorta durchstochen noch einen letalen Pneumothorax ausgelöst.
Danach müßte es so weitergegangen sein, wie es die Scheintodhypothese erfordert: Er wurde in ein Felsengrab gelegt, das mit einem Stein verschlossen wurde. Nach weniger als vierzig Stunden wäre der Scheintote wieder aufgewacht, aufgestanden; und nun, wenn auch geschwächt durch Geißelung und, nach Fried, Verletzungen des Brustkorbs, durch stundenlanges Hängen am Kreuz (das ja tödlich zu enden pflegte) und den Lanzenstich, hätte er doch den Stein wegzurücken vermocht, der die Kräfte dreier Frauen überforderte (Marc. 16, 3). Dann hätte er sich mal hier, mal dort seinen Jüngern gezeigt, ohne je länger zu bleiben oder gar Hilfe in Anspruch zu nehmen. Schließlich wäre er mit unbekanntem Ziel abgereist.
Welch einen Glaubensakt fordert da der Unglaube!
N.B.: Als der heilige Sebastian nach seinem ersten Martyrium wirklich scheintot war, war das den Christen sehr schnell klar.
W.H.W

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50 Jahre lang Novus Ordo

30. November 1969 – 30. November 2019

Der blutleere Karneval der liturgischen Revolution

Heute vor fünfzig Jahren schenkte uns Papst Paul VI. den Novus Ordo, die Frucht der Aktendeckel und der menschlichen Arbeit.
Harte Worte; aber sie sind mir gestattet, weil harte Worte darüber zuvor schon andere gebraucht haben, Große der Kirche, so die Kardinäle Ottaviani und Bacci in ihrem Breve esame critico del «Novus Ordo Missae», so Kardinal Ratzinger in seiner Autobiographie1.
Anderthalb Wochen zuvor hatte er den neuen Ordo bei einer Generalaudienz angekündigt und dessen Befolgung gefordert – Summorum Pontificum hat darauf hingewiesen und eine Übersetzung des Textes veröffentlicht und kommentiert; die folgenden Übersetzungen folgen aber dem Original.
Diese Ansprache des Papstes enthält wichtige Hinweise und auch einige Ansichten, auf die näher einzugehen sich lohnt:
«Die Messe wird zelebriert werden in einer Form, die ziemlich abweicht von der, die seit vier Jahrhunderten bis heute, das heißt, vom hl. Papst Pius V. nach dem Konzil von Trient, wir zu zelebrieren gewohnt sind.»
Zu Recht weist Summorum Pontificum darauf hin, daß dieser gewohnte Ritus «ein gutes zusätzliches Jahrtausend» älter ist als die Kodifizierung durch jenen heiligen Papst, in der nur Détails festgelegt wurden.
«Die Veränderung hat etwas Überraschendes, Außerordentliches, da die Messe als überlieferter und unantastbarer Ausdruck unseres Gottesdienstes, der Authentizität unseres Glaubens betrachtet wird.»
Mit anderen Worten: was bisher als unantastbarer Ausdruck der Authentizität unseres Glaubens betrachtet wurde, steht nunmehr zur Disposition; an die Stelle der Überlieferung der Kirche, die allen gehört, tritt das Gutdünken der Amtsträger der Kirche.
«Dies ist dem ausdrücklichen Willen des vor kurzem zelebrierten Ökumenischen Konzils geschuldet.»
Wie wir schon an anderer Stelle aufgezeigt haben2, entspricht diese Reform durchaus nicht den Anordnungen dieses Konzils, ist sie ihnen im Einzelfall geradezu entgegengesetzt. «Und wenn im neuen Ritus ihr in besserer Klarheit die Beziehung zwischen der Liturgie des Wortes und der eigentlichen eucharistischen Liturgie angeordnet finden werdet ...», wie es in der Tat das II. Vaticanum angeordnet hatte (Sacr. Conc. 56) – doch das Gegenteil ist im Novus Ordo (und schon in seinem Vorläufer, dem Ordo von 1965) der Fall3. «Das heilige Schweigen werde zu seiner Zeit bewahrt», hatte das II. Vaticanum angeordnet (Sacr. Conc. 30) – der Novus Ordo hat die Kanonstille ausdrücklich untersagt (Institutio generalis 32).
«.. daß die neuen Formen aus den bereits existierenden Formen gewissermaßen organisch wachsen», hatte das II. Vaticanum angeordnet (Sacr. Conc. 23); «recognoscere – überprüfen» und «instaurare – wiederherstellen» sind die Ausdrücke, die die Konzilskonstitution immer wieder für diese Aufgabe verwendet. Der Novus Ordo aber war Kardinal Ratzinger zufolge ein «Neubau gegen die gewachsene Geschichte», errichtet aus den «Trümmern» der existierenden Formen4.
Es wird berichtet, daß nach der Liturgiereform am Pfingstmontag Papst Paul VI. sich über die bereitgelegten grünen Messgewänder gewundert habe und auf den Hinweis hin, er selber habe doch die Pfingstoktav abgeschafft, geweint habe. Wenn diese weitverbreite Anekdote stimmt, so heißt das, daß der Papst selber nicht recht wußte, was in seinem Namen angeordnet worden war.
«Sie ist keine Willkür.» ... «Sie ist ein Gesetz, bedacht von Personen mit Autorität, die die heilige Liturgie pflegen, lange diskutiert und studiert.»
Aber ganz offensichtlich ist die Reform voller «arbitrio», voller Willkür; die «cultori autorevoli della sacra Liturgia» waren offenbar keine geistlichen Menschen, die die Liturgie als Gottesdienst pflegten, sondern Fachwissenschaftler, die (eigentlich damals schon obsoleten) wissenschaftlichen Moden unterworfen waren – für zwei Fälle, in denen sich das in Anordnungen des Novus Ordo niedergeschlagen hat, haben wir das bereits an anderer Stelle aufgezeigt: die Umdeutung der Secreta, des Stillgebets, zu einer (lauten) Oratio ad secretionem, zur Aussonderung der Opfergaben und die Deutung des «mysterium fidei – Geheimnis des Glaubens» bei der Wandlung als ursprünglich eingeschobenen Zurufs des Diakons ans Volk – letzteres ist nach J. A. Jungmann falsch5, ersteres «ohne einen geschichtlichen Beleg»6. Und so verschwand, schon mit dem Ordo von 1965, früher also noch als die Kanonstille, die Secreta, das Stillgebet; an seine Stelle trat eine laut gesprochene Oratio super oblata. Das «mysterium fidei» wurde verschoben, hinter die Wandlungsworte, und dem Diakon zugeteilt.
Anstößig erscheint das «mysterium fidei» in den Wandlungsworten, wenn man diese nicht als Teil des Hochgebets auffaßt, sondern als Rezitation des Abendmahlsberichts, so wie es im lutherischen Abendmahlsgottesdienst der Fall ist.
Dieses «arbitrio», diese Willkür war Modell, das in der Breite der Kirche wirkte: Kommissionen, Gemeindegrößen entschieden, verfügten willkürlich über das, was das Kirchenvolk als das seine, was die Gemeinden als das ihre empfanden, so etwa über den Liedschatz, über die Kirchengebäude7 – so wurde das Volk der Kirche entfremdet.
«Sie ist ein Akt des Gehorsams.»
Hier erscheint eine Grundfrage des kirchlichen Lebens: Gehorsam zuerst gegen die kirchliche Überlieferung oder auch gegen willkürliche Anordnungen des höchsten kirchlichen Amtsträgers, die die Kirche von dieser Überlieferung entfernen. Es gab geistliche Persönlichkeiten, die auf diese Frage ihre Antwort zugunsten der Überlieferung der Kirche gegeben haben, so etwa den großen Domenico Bartolucci, 2010 zum Kardinal erhoben: er hat zeitlebens nur im überlieferten Ordo zelebriert8.
«Die vorausgesehenen oder besser gewünschten Folgen sind jene der einsichtsvolleren, praktischeren, freudenvolleren, heiligmachenderen Teilnahme der Gläubigen am liturgischen Mysterium.»
Zweieinhalb Jahre später klang es ganz anders. In einer Predigt sagte Papst Paul, er habe den Eindruck, daß
«durch irgendeinen Spalt der Rauch Satans in den Tempel Gottes eingedrungen sei.»9
Die Kirchen sind leer geworden10, die «actuosa participatio» ist sehr vermindert11, Menschen gehen zur Kommunion, ohne an die Realpräsenz des Herrn zu glauben12.
W.H.W
Siehe auch:
• Neue kritische Prüfung des «Novus Ordo Missae» •

 1 Aus meinem Leben. Stuttgart 1997
 2 W.H.W.: Liturgie im Sinne des II. Vatikanischen Konzils. E&E 19 (2014), S.14-44
 3siehe: loc. cit.
 4 Aus meinem Leben. S. 173
 5 Missarum sollemnia II. Wien 1962, S. 249: «.. ist leider [!] nur Poesie, nicht Geschichte».
 6 Missarum Sollemnia II. S. 112 f., Anm. 6
 7siehe: W.H.W.: Botschaften moderner Liturgie. E&E 11 (2006), S. 17-19;
 W.H.W.: Die Verbürgerlichung der Kirche. E&E 16 (2011), S. 6-19
 8Mons. Bartolucci interviene sulla riforma liturgica e sulla “riforma della riforma”Disputationes theologicae, 12 agosto 2009
 9IX anniversario dell’incoronazione di Sua Santità / Omelia di Paolo VI. Giovedì, 29 giugno 1972
10 Sandro Magister: Chiese sempre più vuoteSettimo Cielo, 22 nov [2019]
11 W.H.W.: Die neuere Geschichte der «actuosa participatio». E&E 17 (2012), S.39-42
12 W.H.W.: Liturgie im Sinne des II. Vatikanischen Konzils / Exkurs: Die Kommunion. S. 35 f.

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