Liturgica VI

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Orietur Occidens

Traditionis Custodes und Responsa

Samstag, 4. Dezember 2021

Fragen ans Motu Proprio Traditionis Custodes

Mit seinem Motu Proprio Traditionis Custodes vom 16. Juli 2021 hat Papst Franziskus I. das Motu Proprio Summorum Pontificum Papst Benedikts XVI. im wesentlichen aufheben wollen; durch die Responsa ad dubia der Ritenkongregation vom 4. Dezember 2021, denen Franziskus I. am 18. November im voraus seine Zustimmung gegeben hat, wurde es noch verschärft. Doch der Inhalt des Motu Proprio und des begleitenden Briefs an die Bischöfe der Welt sowie der Responsa gibt Anlaß zu kritischen Fragen.
Beide Briefe Motu Proprio sind auf Latein veröffentlicht, werden hier daher nach dem lateinischen Text zitiert. Die Responsa sind auf italienisch verfaßt, werden daher nach dem italienischen Text zitiert. Die begleitenden Briefe zeigen die Originalsprache nicht an, werden darum nach dem deutschen Text zitiert.
«Libri liturgici a sanctis Pontificibus Paulo VI et Ioanne Paulo II promulgati, iuxta decreta Concilii Vaticani II, unica expressio “legis orandi” Ritus Romani sunt – Die von den heiligen Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. gemäß den Dekreten des II. Vatikanischen Konzils promulgierten liturgischen Bücher sind der einzige Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus.» So lautet der Artikel 1. von Traditionis Custodes. Dies ist keine Anordnung, sondern eine Sachaussage; sie ist in mehrfacher Weise falsch.

I. Ist der überlieferte Ordo Missæ Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus?

«.. l'antico messale ... risalente in gran parte a Gregorio Magno e ad ancor piú remota antichità – das alte Missale, das ... zu einem großen Teil auf Gregor d. Gr. und auf noch ältere Zeit zurückgeht» (Breve esame I; s. u.) und das mit unwesentlichen Varianten im ganzen Raum des römischen Ritus Geltung hatte, zeigt schon durch diese dauerhafte allgemeine Gültigkeit, daß es gültiger Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus war. Dessen römische Endredaktion, die nach dem Tridentinischen Konzil vorgenommen worden war, dieses «antico messale – alte Missale» also, «promulgato da S. Pio V il 19 luglio 1570 – das vom heiligen Pius V. am 14. Juli 1570 promulgiert wurde» (ibid.), wurde eingeführt durch die Bulle Quo primum dieses Papstes, in der steht: «.. neque ad Missale hoc immutandum a quolibet cogi et compelli, præsentesve litteræ ullo unquam tempore revocari, aut moderari possint, sed firmæ semper et validæ in suo exsistant robore, similiter statuimus et declaramus – .. und daß auch [kein Priester] von irgendwem gezwungen und gedrängt werden darf, dieses Missale zu verändern, noch daß das vorliegende Schreiben jemals irgendwann widerrufen oder abwandelt werden kann, sondern es bleibt für immer fest und gültig in Kraft, das setzen Wir zugleich fest und das erklären Wir.» Sicherlich kann eine positiv-rechtliche Festsetzung eines Papstes durch einen anderen Papst aufgehoben werden; doch daß dieses Missale damit vom heilige Papst Pius V. als „Lex orandi“ des Römischen Ritus anerkannt worden ist, steht außer Frage.
Darüber hinaus aber stellt sich dieser Artikel direkt gegen Summorum Pontificum, dessen Artikel 1. sagt: «Missale autem Romanum a S. Pio V promulgatum et a B. Ioanne XXIII denuo editum habeatur uti extraordinaria expressio eiusdem “Legis orandi” Ecclesiæ et ob venerabilem et antiquum eius usum debito gaudeat honore. Hæ duæ expressiones “legis orandi” Ecclesiæ ... – Das vom hl. Pius V. promulgierte und vom sel. Johannes XXIII. erneut herausgegebene Römische Meßbuch aber hat als außerordentlicher Ausdruck derselben „Lex orandi“ der Kirche zu gelten, und wegen seines verehrungswürdigen und alten Gebrauchs soll es sich der gebotenen Ehre erfreuen. Diese zwei Ausdrucksformen der „Lex orandi“ der Kirche ...» Auch hiermit ist dieses Missale in der Sache als Ausdruck dieser „Lex orandi“ anerkannt, es ist eine Lehraussage, die nicht durch positive Rechtssetzung aufgehoben werden kann.
Schließlich aber widerspricht dieser Bewertung auch der von Franziskus I. selbst angeführte Paul VI.: « Im Herbst 1972 sprach Paul VI. zu den Teilnehmern einer Mittwochsaudienz ... , erinnerte – gegen seine Gewohnheit in freier Rede – mit Wehmut an das abgeschaffte Meßformular und pries dessen Schönheit und Tiefsinn – »vor der jüngst erfolgten Reform der Liturgie«. »
Reinhard Raffalt: Wohin steuert der Vatikan. München 1973, II. Der Verfall der römischen Tradition
Der überlieferte Ordo Missæ ist von Päpsten anerkannter Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus.

II. Wieweit ist der Novus Ordo Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus?

Zudem stellt sich die Frage, ob es denn das Ziel des neuen Missale war, Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus zu sein.
Noch im Jahre 1969 haben die Kardinäle Ottaviani e Bacci ihr Breve esame critico del «Novus Ordo Missæ» verfaßt; der Brief, mit dem es Papst Paul VI. vorgelegt wurde, trägt die Unterschrift des heiligmäßigen Kardinals Alfredo Ottaviani.
Alfredo Ottaviani wurde seinerzeit vom NS-System, noch als einfacher Monsignore, als einer seiner gewichtigsten Gegner im Vatikan angesehen. Kurz nach dem II. Weltkrieg erhob er die Forderung: «Bellum omnino est interdicendum – Krieg ist gänzlich zu untersagen». Als Kardinal trat er für die Bekämpfung sexuellen Mißbrauchs ein; er verfaßte Crimen sollicitationis, eine Schrift, durch die das Vorgehen dagegen mit entschiedener Strenge geregelt wurde. Und er nahm sich, selber ein Mann aus dem einfachen Volk, mit großem Engagement persönlich und finanziell der armen Jugendlichen von Trastevere an.
Diese „Kurze kritische Untersuchung“ zeigt, wenn auch im Detail gelegentlich überspitzt, daß der Novus Ordo „eine eindrückliche Entfernung weg von der katholischen Theologie der heiligen Messe“ darstellt.
Der Grund könnte in dem zu suchen sein, was Jean Guitton berichtet. Jean Guitton, ein enger persönlicher Freund Pauls VI., Mitglied der Académie des sciences morales et politiques, politisch sehr konservativ, geistlich aber modern eingestellt, nahm am 19. Dezember 1993 an einer Debatte teil, die „Lumière 101“, das Sonntagsradio von Radio-courtoisie, aus Anlaß der Vorstellung des Buches „Paul VI, le pape écartelé“ von Yves Chiron organisiert hatte. Hier sagte Jean Guitton: « Je crois ne pas me tromper en disant que l'intention de Paul VI, et de la nouvelle liturgie qui porte son nom, c'est de demander aux fidèles une plus grande participation à la messe, c'est de faire une plus grande place à l'Écriture et une moins grande place à tout ce qu'il y a, certains disent "de magique", d'autres "de consécration consubstantielle", transsubstantielle, et qui est la foi catholique. Autrement dit, il y a chez Paul VI une intention œcuménique d'effacer – ou du moins de corriger, ou du moins d'assouplir – ce qu'il y a de trop "catholique", au sens traditionnel, dans la messe, et de rapprocher la messe catholique, je le répète, de la messe calviniste – Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich sage, daß es die Absicht von Paul VI. und der neuen Liturgie, die seinen Namen trägt, war, von den Gläubigen eine größere Teilnahme an der Messe zu verlangen, der Heiligen Schrift mehr Platz einräumen und all dem einen geringeren Platz einräumen, was es da, manche sagen „an Magischem“, andere „an transsubstantieller Konsekration“ gibt und was der katholische Glaube ist. Mit anderen Worten, es gab bei Paul VI. eine ökumenische Absicht, das, was in der Messe zu „katholisch“ im traditionellen Sinn ist, auszulöschen – oder zumindest zu korrigieren oder zumindest zu aufzuweichen – und die katholische Messe, ich wiederhole es, der calvinistischen Messe anzunähern. »
Dies ist das Transskript jener Radiodebatte; daher ist darin auch der Versprecher «consubstantielle» enthalten. Ein anderes Transskript derselben Sendung mit geringfügig anderen Formulierungen ist zu finden bei Sodalitium (n°39 p.62), einem sedisvakantistischen Periodikum: « Je ne crois pas me tromper en disant que l'intention de Paul VI et de la nouvelle liturgie qui porte son nom est de demander aux fidèles une plus grande participation à la Messe, et de donner une place plus grande à l'Écriture, et une place moins grande à tout ce qui en elle est – certains disent magique – d'autres parlent de Consécration transsubtantielle, et qui est la foi catholique. En d'autres termes, il y a en Paul VI une intention œcuménique d'effacer – ou au moins de corriger, d'atténuer – ce qu'il y a de trop catholique, dans le sens traditionnel, dans la Messe, et de rapprocher la Messe catholique, je le répète, de la Messe calviniste. »
Um nicht diesem Periodikum Raum zu geben, unterlasse ich es, hier das Link dazu anzugeben.
Es wird berichtet, daß an der Kommission, die den Novus Ordo ausgearbeitete, sechs protestantische Theologen mitwirkten: Dr. George; Kanonikus Jasper; Dr. Shephard; Dr. Konneth; Dr. Eugene Brand und Frère Max Thurian von Taizé. Es ist ein Photo vom 10. April 1970 veröffentlicht worden, daß sie zusammen mit Paul VI. zeigt. Frère Max Thurian erklärte bei der Veröffentlichung des neuen Missale: « Dans cette messe renouvelée, il n’y a rien qui puisse vraiment déranger les protestants évangéliques – In dieser erneuerten Messe gibt es nichts, was die evangelikalen Protestanten wirklich stören könnte » (La Croix vom 30. Mai 1969). Später allerdings, als er zur katholischen Kirche konvertiert war, so wird berichtet, fand er dieses neue Missale zu flach.
Der Novus Ordo ist Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus durch all das, was er vom überlieferten Ordo übernommen hat sowie durch gewisse Repristinationen. Durch eine Vielzahl von Veränderungen in eine andere Richtung aber ist er gegenüber dem überlieferten Ordo eine geminderte Form dieser „Lex orandi“.

III. Entspricht der Novus Ordo der Liturgie-Konstitution des II. Vatikanischen Konzils?

Die liturgischen Bücher des Novus Ordo seien gemäß den Dekreten des II. Vatikanischen Konzils promulgiert worden, steht im Artikel 1. von Traditionis Custodes. Noch ausführlicher heißt es in begleitenden Brief des Papstes an die Bischöfe:
«Gerade das Zweite Vatikanische Konzil ... Unter den Voten, welche die Bischöfe mit größerer Eindringlichkeit eingegeben haben, sticht jenes hinsichtlich der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme des ganzen Volkes Gottes an der Liturgie hervor. ... Die Liturgiereform wurde auf der Grundlage dieser Prinzipien durchgeführt. Sie findet ihren höchsten Ausdruck im Römischen Messbuch, dessen Editio typica vom heiligen Paul VI. promulgiert und vom heiligen Johannes Paul II. erneuert wurde.»
Das ist sachlich falsch. In einem Brief, den er, seinerzeit noch Kardinal, an Heinz-Lothar Barth geschrieben hat, der seither mehrfach veröffentlicht wurde, hat Joseph Ratzinger dargelegt, wie eine im Sinne des II. Vatikanischen Konzils erneuerte Liturgie auszusehen hätte. Wir haben, dadurch mit angeregt, an anderer Stelle aufgezeigt, wie grundlegend die Liturgie des Novus Ordo von den Anordnungen der Liturgie-Konstitution Sacrosanctum Concilium dieses Konzils abweichen:
• Liturgie im Sinne des II. Vatikanischen Konzils •
An anderer Stelle haben wir Brüche aufgelistet, mit denen sich der Novus Ordo ganz direkt dieser Liturgie-Konstitution entgegenstellt:
• Zwischen II. Vaticanum und «Novus Ordo Missæ»: Sechs Brüche •
Besonders gewichtig ist dabei der Abbau der tätigen Teilnahme des Volkes an der Liturgie:
• Die neuere Geschichte der «actuosa participatio» •
– das ist jene Teilnahme des Volkes, welche eigentlich, Jean Guitton zufolge, Papst Paul VI. am Herzen lag und die Papst Franziskus I. zufolge unter den Voten der Bischöfe beim II. Vaticanum hervorsticht.
Die liturgischen Bücher des Novus Ordo sind nicht, wie Franziskus I. meint, gemäß den Dekreten des II. Vatikanischen Konzils promulgiert worden, stellen statt dessen vielmehr eine klare Abkehr von dieser Konstitution dar.

IV. Kann der überlieferte Römische Ordo abgeschafft werden?

«In Beantwortung Eurer Bitten treffe ich die feste Entscheidung, alle Normen, Instruktionen, Gewährungen und Gewohnheiten außer Kraft zu setzen, die diesem Motu Proprio vorausgegangen sind, und die liturgischen Bücher, die von den heiligen Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. in Übereinstimmung mit den Dekreten des Zweiten Vatikanischen Konzils promulgiert wurden, als einzige Ausdrucksform der Lex orandi des Römischen Ritus anzusehen» und «.. für das Wohl derer zu sorgen, die in der vorhergehenden Zelebrationsform verwurzelt sind und Zeit brauchen, um zum Römischen Ritus zurückzukehren, wie er von den Heiligen Paul VI. und Johannes Paul II promulgiert wurde» – mit diesen Worten zeigt Papst Franziskus I. deutlich die Absicht, den überlieferten Ordo ganz abzuschaffen. An einer anderen Stelle seines Briefs an die Bischöfe schreibt er: «Eine von Johannes Paul II. und mit noch weiterem Großmut von Benedikt XVI. gewährte Möglichkeit, um die Einheit der Kirche unter Achtung der verschiedenen liturgischen Sensibilitäten wiederherzustellen ...» Das ist sachlich falsch: Papst Benedikt XVI. hat nicht aus Großmut eine Möglichkeit gewähren wollen, sondern festgestellt (Summorum Pontificum, Art. 1.): «Proinde Missæ Sacrificium, iuxta editionem typicam Missalis Romani a B. Ioanne XXIII anno 1962 promulgatam et numquam abrogatam, uti formam extraordinariam Liturgiæ Ecclesiæ, celebrare licet – Demgemäß darf das Meßopfer nach der vom seligen Johannes XXIII. im Jahr 1962 promulgierten und niemals abrogierten Editio typica des Römischen Meßbuchs als außerordentliche Form der Liturgie der Kirche gefeiert werden.»
Liest man nun Papst Pauls VI. Apostolische Konstitution Missale Romanum vom 3. April 1969 und seine Ansprache vom 19. September 1969 zur Einführung des neuen Missales, so zeigt sich deutlich, daß er durch das neue Missale das alte völlig ersetzen wollte. Niemals abrogiert worden ist es also nicht etwa deshalb, weil Papst Paul VI. das nicht gewollt hätte, sondern vielmehr, weil es nicht abrogiert werden kann. In seinem Brief an die Bischöfe erklärte Benedikt XVI.: «Was nun die Verwendung des Meßbuchs von 1962 als Forma extraordinaria der Meßliturgie angeht, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß dieses Missale nie rechtlich abrogiert wurde und insofern im Prinzip immer zugelassen blieb. ... Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein. Es tut uns allen gut, die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen sind und ihnen ihren rechten Ort zu geben.» Was er hiermit sagen will, hat er schon als Kardinal in einer Ansprache vom 24. Oktober 1998 genauer ausgeführt: «In diesem Zusammenhang ist an die Feststellung von Kardinal Newman zu erinnern, daß die Kirche nie in ihrer Geschichte rechtgläubige Formen von Liturgie einfach abgeschafft oder verboten hat – das wäre dem Geist der Kirche durchaus fremd. Eine rechtgläubige Liturgie ist ja nie eine bloß pragmatisch geschaffene Zusammenstellung von Zeremonien, die man dann positivistisch heute so und morgen anders verfügen könnte.»
Hier macht Papst Benedikt XVI. Sachaussagen, Lehraussagen. Solche Aussagen päpstlicher Lehre können nicht grundlos durch einen päpstlichen Verwaltungsakt aufgehoben werden.
Der überlieferte römische Ordo hat sein Recht als rechtgläubige Form von Liturgie in sich selbst und kann nicht abgeschafft werden.
Das Problem des geistlich nicht möglichen Verbotes wird noch verschärft durch die Responsa ad dubia.
Das Konzil von Trient (Sessio XXIII: Doctrina de sacramento Ordinis, Cap. 2. [de septem Ordinibus]) hat erklärt, daß Einmütigkeit darüber bestehe, daß es mehrere und verschiedenartige Ordines, Weihen gebe, damit man durch die niederen zu den höheren aufsteigen könne, damit das Priesteramt würdiger und mit größerer Verehrung ausgeübt werden könne – dieser erzieherischen Bedeutung der Vielzahl der Ordines pflichten, wenn auch mit protestantischer Kritik im Detail, auch angesehene evangelische Theologen bei. Und unter den «Canones de sacramento ordinis» belegt der zweite den mit einem Anathema, der sagt, es gäbe außer dem Priesteramt in der Kirche keine anderen Ordines, niedere und höhere (also nicht nur die höheren Weihen wie Diakonat und Priester- und Bischofsamt), durch die gleichsam durch gewisse Stufen zum Priesteramt gestrebt wird.
Papst Paul VI. schaffte 1973 mit dem Motu Proprio Ministeria quædam die niederen Weihen und sogar den von alters her in fast allen Kirchen bestehenden Subdiakonat ab. Darum finden sich diese Weihen nicht mehr im neuen Pontificale; ein Bischof, der sie der Lehre des Konzils gemäß vollziehen will, muß also auf das alte Pontificale Romanum zurückgreifen – einige couragierte Bischöfe haben das getan.
In der Antwort auf das Dubium zu den Artikeln 1. und 8. wird eben das verboten.
Damit stellen sich die Responsa ad dubia der Lehre des Konzils entgegen.

V. Hat das Motu proprio Traditionis Custodes für das Gewissen Gültigkeit?

«Nunc igitur ... cupimus, praesentibus Litteris Apostolicis, magis magisque in communione ecclesiali assidue conquirenda perseverare. Qua de causa, opportunum nobis visum est quae sequuntur decernere – Jetzt also ... begehren Wir durch das vorliegende Apostolische Schreiben mehr und mehr darin zu verharren, die kirchliche Gemeinschaft beständig zu erarbeiten. Daher ist es Uns nützlich erschienen, Folgendes zu beschließen» – mit diesen Worten leitet Franziskus I. jenen Artikel 1. seines Motu proprio ein, mit dem er dem überlieferten Ordo abspricht, Ausdruck der „Lex orandi“ des Römischen Ritus zu sein. «Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche», steht im begleitenden Schreiben an die Bischöfe, an anderer Stelle: «Diese Einheit, so ist es meine Absicht, möge in der ganzen Kirche des Römischen Ritus wiederhergestellt werden.» Demnach könnte es «die kirchliche Gemeinschaft» fördern, zur «inneren Versöhnung in der Kirche» beitragen, all die, die die geistliche Verpflichtung verspüren, «die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen sind», wie Benedikt XVI. es in seinem begleitenden Briefe an die Bischöfe formuliert hatte, in die Katakomben oder zur Piusbruderschaft zu drängen. Daß es nicht möglich ist, sie alle dazu zu bringen, den überlieferten Ordo beiseite zu lassen, zeigt sich daran, daß auch Große der Kirche wie Domenico Kardinal Bartolucci stets bei diesem Ordo geblieben sind, daß der heilige Padre Pio nicht einmal den Ordo von 1965 angenommen hat, welcher dem überlieferten Ordo noch viel näher stand als der Novus Ordo.
Als Grund für sein Motu proprio führt Franziskus I. die Antworten auf den «Fragebogen bezüglich der Anwendung des Motu Proprio Summorum Pontificum» an, der an die Bischöfe geschickt worden war. «Die eingegangenen Antworten haben eine Situation offenbart, die mich traurig und besorgt macht, und mich darin bestätigt, dass es notwendig ist einzugreifen. Leider wurde die pastorale Absicht meiner Vorgänger, denen es darum ging, »alle Anstrengungen zu unternehmen, um all denen das Verbleiben in der Einheit oder das neue Finden zu ihr zu ermöglichen, die wirklich Sehnsucht nach Einheit tragen«, oft schwer missachtet.» Doch es sind sehr viele Bischöfe, die nichts von einer solchen Situation wissen, wie in Religión en Libertad dargelegt und von einer Vielzahl bischöflicher Stellungnahmen (und Entradas más recientes, Entradas más recientes) illustriert wird. Und, anders als die Piusbruderschaft, erkennen die Petrusbruderschaft (die ich aus der Nähe kenne, von der ich es bezeugen kann) und wohl die allermeisten Institute und einzelnen Priester, die in Einheit mit Rom im überlieferten Ordo zelebrieren, das II. Vaticanum an.
Selbst die Piusbruderschaft erkennt nicht nur selbstverständlich den Papst an, sondern auch die Gültigkeit der im Novus Ordo mit der rechten Intention zelebrierten Messe.
«Bei dieser Entscheidung bestärkt mich die Tatsache, dass auch der heilige Pius V. nach dem Konzil von Trient alle Riten außer Kraft gesetzt hat, die nicht ein nachgewiesenes Alter für sich in Anspruch nehmen konnten, und für die ganze lateinische Kirche ein einziges Missale Romanum vorgeschrieben hat.» Das nachgewiesene Alter, das der heilige Papst Pius V. forderte für Riten, die bestehen bleiben konnten, betrug 200 Jahre – der nun von Franziskus I. bekämpfte Tridentinische Ritus ist sehr viel älter. Und innerhalb des römischen Ritus gibt es eben, vom heiligen Papst Pius V. anerkannt, auch andere Formen als die stadtrömische, deren Schlußredaktion der Tridentinische Ritus ist, bis in unsere Zeit hinein die Riten von Lyon und Braga und die der Kartäuser, der Karmeliten, der Prämonstratenser und der Dominikaner, Riten, die alle die gleiche „Lex orandi“ zeigen. Zudem gibt es in lateinischen Kirche seit jeher andere Riten als nur den römischen: den ambrosianischen und den mozarabischen; und außerdem werden in der katholischen Kirche auch alle Riten der Ostkirchen zelebriert – das gefährdet die Gemeinschaft der Kirche und die „Lex credendi“, die ja die „Lex orandi“ bedingt, in keiner Weise.
Tragfähige Gründe für das Motu proprio Traditionis Custodes gibt es demnach nicht; das einzige, was für seine Gültigkeit steht, ist die rechtliche Amtsgewalt des Papstes – bemerkenswert bei einem Dokument, indem er die Autorität seiner Vorgänger Pius und Benedikt derart desavouiert.
«Num istas leges injustas, vel potius nullas dicere audebimus? Nam mihi lex esse non videtur, quæ justa non fuerit. – Werden wie diese Gesetze etwa ungerecht oder eher nichtig zu nennen wagen? Denn mir scheint es kein Gesetz zu sein, was nicht gerecht ist», so schrieb Augustinus in seinem Dialog De libero arbitrio (Liber I, Cap. V. / 11.). Diesen Satz zitierte Francisco Suárez in seinem Tractatus de legibus ac legislatore Deo (Liber I, Cap. I, 6), und an anderer Stelle wertet er ihn weiter aus (Liber III, Cap. XXII, 1): «ut autem aliqua sit vera lex, oportet ut habeat conditiones essentiales legis 1.1. positas, et præsertim ut justa et rationabilis sit, quia lex injusta non est lex, et consequenter neque obligare potest in conscientia, juxta dicta in eodem lib. 1 – damit aber etwas ein wahres Gesetz sei, ist es erforderlich, daß es die wesentlichen Bedingungen für ein Gesetz erfüllt, wie sie unter 1.1. stehen, und vor allem, daß es gerecht und vernunftgemäß sei, weil ein ungerechtes Gesetz kein Gesetz ist; und es kann folglich auch nicht im Gewissen verpflichten, dem entsprechend, was in demselben Buch 1 gesagt ist.»
Das Motu proprio Traditionis Custodes geht von unrichtigen Voraussetzungen aus, läßt keine vernunftgemäßen Gründe erkennen; und gerecht ist es nicht den Priestern gegenüber, die aus guten Gründen, wie Papst Benedikt sie bestätigt hat, sich dem überlieferten Ordo verpflichtet fühlen, noch den Laien gegenüber, die sich ihn als geistliche Nahrung wünschen.
Im Vertrauen auf Augustinus und Francisco Suárez kann gesagt werden: Das Motu proprio Traditionis Custodes ist kein Gesetz, das im Gewissen verpflichtet.

Anmerkungen:

«Wer mit Andacht nach der vorherigen Form der Liturgie zelebrieren möchte, wird keine Schwierigkeiten haben, im gemäß der Absicht des Zweiten Vatikanischen Konzils erneuerten Römischen Messbuch alle Elemente des Römischen Ritus zu finden ...» – so schreibt Franziskus I. in seinem Brief an die Bischöfe; wir haben an anderer Stelle aufgezeigt, daß bedeutungsvolle Elemente fehlen:
Neue kritische Prüfung des «Novus Ordo Missae»:
• Der Novus Ordo: Das, was fehlt •
Besonders bemerkenswert ist ein Zitat, das die Responsa ad dubia Papst Franziskus I. zuschreiben (Ansprache an die Teilnehmer der 68. Nationalen Liturgischen Woche, Rom, 24. August 2017): daß «[wir] im Anschluss an dieses Lehramt, an diesen langen Weg [...] mit sicherer Gewissheit und lehramtlicher Autorität bekräftigen [können], dass die Liturgiereform unumkehrbar ist». Einerseits bezieht sich das Lehramt der Kirche nicht auf Voraussagen für die Zukunft (solange es nicht um Eschatologie geht); andererseits spricht der Papst hier, während er einen Ritus mit einer Geschichte von weit mehr als tausend Jahren beseitigen will, einem Ordo, der gerade ein halbes Jahrhundert alt ist, ewige Dauer zu.

Dokumente

Litterae apostolicæ • Quo primum •
Constitutio apostolica • Missale Romanum •
Motu proprio • Summorum Pontificum •
• Brief an die Bischöfe •
anlässlich der Publikation des apostolischen Schreibens Motu Proprio data Summorum Pontificum
Motu proprio • Traditionis Custodes •
• Brief des Heiligen Vaters Papst Franziskus an die Bischöfe •
in aller Welt zur Vorstellung des Motu Proprio Traditionis custodes
• Responsa ad dubia •

W.H.W

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Orietur Occidens

Famille Missionnaire de Notre-Dame

Heiliger Abend, 24. Dezember 2021

Liturgie im Novus Ordo, die geistlich Bestand hat

Für die Messen an den Weihnachtstagen hatte ich mich rechtzeitig angemeldet, doch die Messe in der Heiligen Nacht war schon voll belegt. Und so begebe ich mich zur Messe wieder durchs Netz zur Famille Missionnaire de Notre-Dame.
Wieder mache ich die gleichen guten Erfahrungen wie vor mehr als einem Jahr. Doch nun ist es der eindrucksvolle Kirchenraum, in dem die Messe stattfindet. Wieder zeigen sich alle Mitwirkenden in all ihren Bewegungen auf die Mitte ausgerichtet, auf das liturgische Geschehen, auf den Altar. Wer vorm Altar vorbeigeht, verneigt sich wirklich, langsam und bedächtig; es bleibt nicht bei einem Nicken. Bei der Wandlung tritt der Diakon zurück, wenn er keine Aufgabe zu erfüllen hat (kniet er nieder oder tritt er auf eine untere Stufe? das ist nicht klar zu erkennen), er neigt den Kopf.
Es ist doch neuer Ritus: am Schluß doch einige Danksagungen, aber in ruhiger, besinnlicher Stimme, niemand denkt daran, irgendwem zu applaudieren. Und nach dem Schlußgebet gab es zunächst eine Prozession zur Krippe, eine Krippenweihe, Gebet vor der Krippe – so störten diese Danksagungen nicht das Gebet, die Danksagung nach der Kommunion.

W.H.W

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Responsa zu Traditionis Custodes

Montag, 21. Februar 2022

Erhörtes Gebet

—  Samstag, 4. Dezember 2021
Durch ihre Responsa ad dubia zum Motu Proprio Traditionis Custodes, denen Franziskus I. zuvor am 18. November gleichsam einen Blankoscheck ausgestellt hatte, hat die Ritenkongregation den Gebrauch des überlieferten Pontificale ganz verboten und damit die niederen Weihen und die Subdiakonenweihe, deren Bestand und Sinnhaftigkeit das Tridentinum dogmatisch verbindlich festgestellt hatte, die aber in den neuen liturgischen Büchern fehlen, untersagt.
Für den 12. Februar 2022 hatte die Priesterbruderschaft St. Petrus die Weihe der Subdiakone angesetzt, der nunmehr dieses Verbot entgegenstand; würde die Weihe dennoch vollzogen, drohten unabsehbare disziplinarische Konsequenzen.
—  Januar 2022
Die Priesterbruderschaft beschließt für den Februar eine Marienweihe der Bruderschaft und davor eine vorbereitende Novene.
—  Maria Lichtmeß, 2. Februar 2022
Priester und Seminaristen der Bruderschaft und all die, die ihr verbunden sind, beginnen das Gebet der Novene.
—  Freitag, 4. Februar 2022
Papst Franziskus I. empfängt den Oberen des französischen Distrikts der Priesterbruderschaft und den Regens ihres Priesterseminars in Wigratzbad in Privataudienz. Im Laufe eines langen Gesprächs stellt er klar, daß «Institute wie die Priesterbruderschaft St. Petrus nicht von den allgemeinen Bestimmungen des Motu Proprio Traditionis Custodes betroffen sind, da der Gebrauch der alten liturgischen Bücher an ihrem Ursprung stand und in ihren Konstitutionen verankert ist.»
—  Freitag, 11. Februar 2022
Die Petrusbruderschaft weiht sich feierlich dem Unbefleckten Herzen Mariens.
Papst Franziskus I. unterzeichnet eigenhändig ein Dekret, das «den Mitgliedern der Bruderschaft das Recht» bestätigt, «die liturgischen Bücher zu verwenden, die 1962 in Kraft waren, namentlich: Missale, Rituale, Pontifikale und Brevier.»
—  Samstag, 12. Februar 2022
Die Weihe der Subdiakone wird gespendet; die niederen Weihen sind für den 26. Februar angesetzt.

W.H.W

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Fürbitte für Verstorbene

Samstag, 14. Mai und Pfingstsonntag, 5. Juni 2022

Es ist auch liturgisch korrekt möglich

Zwei Diözesen weiter, in der ostwestfälischen Diaspora, und ähnlich auch, eine Diözese weiter, in der fränkischen Diaspora – hier ist es möglich:
In den Fürbitten (also nicht bei den „Vermeldungen“, nicht dann, wenn die Gemeinde gerade sitzt und sitzen bleibt) wird für die jüngst Verstorbenen gebetet.

W.H.W

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Zum Herrn hin

Samstag, 4. Juni 2022

In evangelischen Kirchen ist es möglich

Eine Hochzeitsfeier in einer evangelischen Kirche. Die liturgische Struktur ist begrenzt, aber: zum Gebet wendet sich der Pastor zum Altar, nach Osten.

W.H.W

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Kommunionspendung

Sonntag, 12. Juni 2022

Ein leuchtendes Beispiel

Sonntagsmesse in einem Städtchen im Rhein-Main-Gebiet. Es ließe sich manches aufzählen, was nicht rite et recte geschieht; aber den stärkste Eindruck macht etwas ganz anderes:
Der Diakon empfängt, am Altar, sichtbar vor aller Augen, die Kommunion kniend als Mundkommunion.

W.H.W

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„Vermeldungen“

Sonntag, 10. Juli 2022

Es ist auch in der Liturgie angemessener Form möglich

Ein allsonntägliches Ärgernis: die Andacht nach der Kommunion wird gestört durch die „Vermeldungen“ – von der „Grundordnung des Römischen Messbuchs“ (90.) sind hier «kurze Mitteilungen, falls sie notwendig sind», erlaubt, aber eben nur bedingt und nur kurz. Es geht auch anders – früher habe ich es etwa im Dom zu Münster erlebt, seither aber kaum mehr. Nun aber in einer schlichten Pfarrmesse, in einer Kleinstadt in der ostwestfälischen Diaspora:
Vor Beginn der Messe tritt ein Laie ans Legile und macht die aktuellen Ansagen. So bedarf es keiner störenden „Vermeldungen“ mehr nach der Kommunion.

W.H.W

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Die Form des Sakraments

Sonntag, 10. Juli 2022

Ist das eine Messe?

Dieselbe Sonntagsmesse, von der ich gerade einen ersten guten Eindruck habe schildern können. Der Priester zeigt große motorische Unruhe, vermag kaum ein wenig ruhig zu stehen, ohne sich zu winden. Liegt es daran?
Bei der Wandlung verkürzt er die Worte des Herrn: «Mein Leib ...» ohne «Das ist ...».
Wenn ein Priester die richtigen Worte meint, aber sich dabei verspricht, dann, so meine ich hoffen zu dürfen, wird das Sakrament dennoch vollzogen. Doch hier bezweifle ich, daß der Fehler dem Erethismus des Priesters zuzuschreiben ist:
Vier Wochen zuvor habe ich in einer Kirche in einem benachbarten Ort denselben Priester erlebt; schon damals machte er den gleichen Fehler. Zudem: auch die vorangehende „Bitte um Heiligung der Gaben“ war verstümmelt, die klare Bitte um deren Wandlung war nicht klar zu erkennen.
War das eine gültige Messe? Ich jedenfalls habe mich der Kommunion enthalten.

W.H.W

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Apostolisches Schreiben Desiderio desideravi

16. Juli 2022

Die wirkliche Einheit der Kirche im Gebet

In seinem Apostolischen Schreiben Desiderio desideravi hat Papst Franziskus I. versucht, die Maßnahmen seines Motu Proprio Traditionis Custodes zu erläutern, zu welchem wir bereits etwas geschrieben haben.
Unter 31. schreibt er da: «Ich verstehe nicht, wie man sagen kann, dass man die Gültigkeit des Konzils anerkennt ... und nicht die Liturgiereform akzeptieren kann, die aus Sacrosanctum Concilium hervorgegangen ist ...» Nun ist aus Sacrosanctum Concilium eine Liturgiereform hervorgegangen, die 1965 in Kraft gesetzt wurde, die freilich ihrerseits schon nicht mehr den Vorgaben dieser Liturgiekonstitution entsprochen hat; die Liturgiereform von 1969 aber hatte nichts mehr zu tun mit Sacrosanctum Concilium, wie wir an anderer Stelle gezeigt haben:
• Liturgie im Sinne des II. Vatikanischen Konzils •
Bemerkenswert sind Zwischenüberschriften in Desiderio desideravi: «Jeden Tag die Schönheit der Wahrheit des christlichen Feierns wiederentdecken», «Das Staunen über das Pascha-Mysterium: wesentlicher Bestandteil des liturgischen Aktes» – es fällt schwer, zu verstehen, daß diese Überschriften die sich zwanglos als Plaidoyer für den überlieferten Ritus verstehen ließen, für den Neuen werben sollen.
Unter 61. schreibt der Papst: «Deshalb habe ich Traditionis Custodes geschrieben, damit die Kirche in der Vielfalt der Sprachen ein und dasselbe Gebet erhebt, das ihre Einheit zum Ausdruck bringt. Diese Einheit möchte ich, wie ich bereits geschrieben habe, in der gesamten Kirche des Römischen Ritus wiederhergestellt sehen.»
Ein Artikel auf katholisch.de mit insgesamt etwas verwirrender Ausrichtung – „Alte Messe“ auf dem Altenteil – ein Jahr Traditionis custodes – schreibt dazu: «.. so sehr fällt doch auch auf, dass die Fokussierung auf den Römischen Ritus die immer noch gültige und regulär erlaubte Vielfalt der Liturgie ausblendet. Erst kürzlich hat Franziskus auf dem Petersplatz eine Messe nach dem „Römischen Messritus für die Diözesen von Zaire“ gefeiert und die 1988 promulgierte Variante des Römischen Ritus erneut als gutes Beispiel für gelungene Inkulturation gelobt und als mögliches Vorbild für einen Amazonas-Ritus genannt. Die Personalordinariate der aus der anglikanischen Kirche Übergetretenenen dürfen liturgische Bücher aus der anglikanischen Tradition verwenden. Der mozarabische Ritus in Kastilien und der ambrosianische Ritus in der Kirchenprovinz Mailand bestehen fort. Dazu kommen die früher „Rituskirchen“ genannten unierten Ostkirchen, deren göttliche Liturgie weit größere Ähnlichkeit zur vorkonziliaren Form als zum heute gültigen Römischen Ritus aufweist. ...» Mit anderen Worten: diese «Einheit» spielt für Franziskus I. nur eine Rolle, wo er sie gegen den überlieferten Ritus einsetzt. Das sieht auch katholisch.de so: «Wenn so große liturgische Vielfalt anscheinend in Übereinstimmung mit der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils möglich ist – eröffnet das nicht Reformperspektiven, um die vorkonziliare Liturgie ekklesiologisch auf den Stand der Gegenwart zu bringen? ... »
Wenn auch «ekklesiologisch auf den Stand der Gegenwart zu bringen» mir nach etwas zu großem Geschütz klingt: einige Modernisierungen des überlieferten Ritus – durch welche der neue sich erübrigen würde – hatte schon Kardinal Ratzinger nahegelegt.
Freilich schreibt der Papst nur von Einheit «in der gesamten Kirche des Römischen Ritus», zu der die meisten der genannten Riten nicht zählen; doch ist durch den Unterschied des Ritus die Einheit der Kirchen dieser Riten mit der römischen offensichtlich nicht gefährdet. Der „Römische Messritus für die Diözesen von Zaire“ aber ist ausdrücklich römisch, und es hätten auch die Riten von Lyon und Braga sowie einiger Orden angeführt werden können, die römisch sind, wenn auch in lokaler Redaktion.
Doch wenn es um Einheit der Kirche im Gebet geht: zumindest nicht minder wichtig als die aktuelle Einheit des römischen Ritus ist doch die Einheit über die Zeiten hin; und mit dem Gebet der römischen Kirche über die Jahrhunderte hinweg stellt der überlieferte Ritus diese Einheit sehr viel klarer dar als der neue.
Bekräftigt wird dieser Aspekt noch durch etwas, was in dem zitierten Absatz von katholisch.de steht: die «unierten Ostkirchen, deren göttliche Liturgie weit größere Ähnlichkeit zur vorkonziliaren Form als zum heute gültigen Römischen Ritus aufweist», heißt es da. Das aber heißt, daß selbst die völlig eigenständigen und untereinander unterschiedlichen Riten aller Ostkirchen eine Übereinstimmung haben mit dem überlieferten römischen Ritus, welche der neue Ritus nicht teilt. Dieser Gleichklang aller Riten der Messe vor den sechziger Jahren des XX. Jahrhunderts begründet die Bezeichnung, die jener Artikel an anderer Stelle «ahistorisch» nennt: „Messe aller Zeiten“, deren Aktualisierung im römischen Raum der überlieferte Ritus ist.

W.H.W

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Evangelisch-Lutherische Geistliche Abendmusik

Samstag, 30. Juli 2022

Konzert oder Gottesdienst?

Im Dom zu Meißen, heute evangelisch, ist für den Samstagabend eine „Geistliche Abendmusik“ angesagt. Ist das ein Konzert oder ein Gottesdienst?
Es kostet Eintritt; demnach ein Konzert.
Man erhält einen Programmzettel; ihm zufolge gibt es eine Begrüßung, einige Gesangsstücke und dazwischen ein „Geistliches Wort“ und einen Segen.
In der Begrüßung werden der Chor und ein besonderes Gesangsstück vorgestellt; dann aber folgen zwei geistliche Stücke, darauf das „Geistliche Wort“, eine echte Predigt; demnach doch ein Gottesdienst.
Der Chor ist ausgezeichnet, die beiden Stücke sind Früh- (Stephan Otto, mir bisher unbekannt) und Hochbarock (Johann Christoph Bach).
Das nächste Stück ist „The First Tears / An Inuit Legend“ von Ēriks Ešenvalds, einem zeitgenössischen Komponisten, einem Letten offenbar skandinavischer Herkunft. Großartige Musik, ohne neutönerische Allüren. Dieses Stück gibt einen Schöpfungsmythos, eine „Schöpfungslegende“ der Inuit, der Eskimo wieder, die in der Begrüßung ausführlich vorgestellt worden war. Mythologisch interessant, doch christlich ist sie entschieden nicht; also doch ein Konzert.
Und dann der Segen des Dompfarrers und Superintendenten und schließlich noch ein geistliches Stück (Johann Sebastian Bach).
Was also ist es?

W.H.W

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„Synodaler Weg“

Sonntag, 6. November 2022

Der Bischof ist gekommen

In seiner Predigt spricht der Bischof darüber, wie er mit gleicher Formulierung nachdrücklichst aufgefordert worden ist, den „Synodalen Weg“ weiterzuführen, und vor ebendiesem Weg gewarnt worden ist. Seine Bewertung: das Wichtigste sei, daß alle zusammen bleiben (etwas zuvor allerdings hatte er seine Zustimmung zu diesem Weg geäußert). Daß die Einheit der Katholiken nur eine Einheit in der Wahrheit sein kann, daß seine Aufgabe die Verkündigung der Wahrheit ist, zu klären, wie sich der „Synodale Weg“ zur Wahrheit verhält, davon höre ich nichts.
Bei den „Vermeldungen“ am Schluß der Messe tritt ein Mann zum Legile, ruft: «Lieber Herr Bischof, schön, daß du da bist!»
Es ist schön, daß jemand sich über die Anwesenheit des Bischofs freut und daß er das auch ausspricht. Nur jetzt, kurz nach der Kommunion, gilt die Aufmerksamkeit doch eher jemand anderem, der gerade – wie schön! – sichtbar da war.

W.H.W

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Festhochamt und festliche Abendmesse mit wenigen Gläubigen

Sonntag, 20., und Sonntag, 27. November 2022

Ein Kaplan, der Liebe zur Liturgie zeigt

Hochamt zum Christkönigsfest, Einführung neuer Meßdiener. Dem entsprechend ist die Messe natürlich gestaltet. Aber dem Priester gelingt das in einer untadeligen liturgischen Form; so bekommt die Messe eine Feierlichkeit und geistliche Tiefe, die sich so als möglich erweist, eben auch, wenn es um Kinder oder Jugendliche geht.
Eine Woche später zelebriert derselbe Priester die Abendmesse. Nur wenige nehmen teil. Aber nichtsdestoweniger zelebriert er mit großer Feierlichkeit. Natürlich wurde bei der Einführung der neuen Meßdiener Weihrauch verwendet; aber auch die wenigen, die jetzt da sind, sind ihm den Weihrauch wert.
In dieser Messe teilt er allein die Kommunion aus. Sicher, es sind ja nur wenige Kommunikanten –
Aber: eine Woche zuvor im Festhochamt waren es sehr viele; und dennoch hat auch da er die Mühe nicht gescheut, allein die Kommunion auszuteilen.
Danke!

W.H.W

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„Wort-Gottes-Feiern“

Advent 2023

Wird Abnormes zu scheinbarer Normalität?

Damit Sonntagsmessen auch in entlegeneren Vororten des Großstädtchens stattfinden können, sollen die Messen in den Kirchen der Stadt selbst nunmehr weniger regelmäßig stattfinden. Zwei Messen in Nähe der Stadtmitte sollen verläßlich bestehenbleiben, eine am Vorabend, eine am Sonntagabend; andere Messen sollen bei Gelegenheit durch „Wort-Gottes-Feiern“ ersetzt werden.
— Sonntag, 10. Dezember 2023
Es mag sein, daß ich nicht genug auf die Pfarrnachrichten geachtet habe, es kann auch an der Erkältungswelle liegen, durch die plötzliche Veränderungen notwendig wurden, jedenfalls: ich komme zur üblichen Zeit, ein wenig verspätet, zur Sonntagsmesse in die Kirche in unserem Gründerzeitviertel. Da sehe ich: die Kirche ist voll, am Lesepult steht eine Dame in liturgischem Phantasiekostüm. Ich vergewissere mich an der Anzeigentafel vor der Tür: „Wort-Gottes-Feier“.
Ich gehe ein Taxi suchen; so gelingt es mir, in die Messe in einer Vorstadt zu kommen, die etwas später beginnt.
Hier nun wird gesagt, daß am nächsten Sonntag hier nur eine „Wort-Gottes-Feier“ sein wird. Die könne in keiner Weise die Messe ersetzen; die Leute sollen aber trotzdem kommen.
— Sonntag, 17. Dezember 2023
Heute bin ich also in der Kirche in unserem Gründerzeitviertel auf der sicheren Seite. Und siehe: während in jenem Vorort die Menschen sich mit einer „Wort-Gottes-Feier“ begnügen müssen, zelebrieren hier heute zwei Priester – der Provinzial der Ordensgemeinschaft, die diese Kirche nutzt, ist zur Visite gekommen und wird hier von einem örtlichem Priester (nicht seines Ordens) begleitet.
«Sine dominico non possumus – ohne Dominicum [Eucharistifeier] können wir nicht», ließen im Jahr 304 die Märtyrer von Karthago den Häschern sagen. Das Anliegen, Kirchen im Umland, in welchen es bisher keine Sonntagsmessen gab, nun solche zu ermöglichen, ist berechtigt (freilich habe ich bisher nicht wahrnehmen können, wo jetzt anders als zuvor oder mehr als zuvor Messen gefeiert werden).
Aber dafür in Kirchen in der Stadt nur „Wort-Gottes-Feiern“? Im Stadtgebiet gibt es fünf Kirchen, abgesehen von kleinen Kapellen. Im Inneren des Stadtgebiets liegen zwei dieser Kirchen in fußläufiger Entfernung voneinander; andere sind recht gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Solche „Wort-Gottes-Feiern“ haben Sinn also höchstens für Schwerbehinderte; und für die sollte es möglich sein, einen Fahrdienst einzurichten. «Sine dominico non possumus» – vor gut 1800 Jahren sind deshalb die 49 Märtyrer von Karthago gestorben.
Und ich höre, daß in solchen „Wort-Gottes-Feiern“ es eine Ansprache durch einen Laien und eine Kommunionausteilung gibt. Und ich frage mich, ob nicht dadurch eine Art von Laienpredigt in einer liturgischen Feier zunehmend als normal erscheinen könnte, ob nicht dadurch Kommunionausteilung durch Laien noch mehr als bisher schon als normal empfunden werden könnte.

W.H.W

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Blasiussegen

Sonntag, 4. Februar 2024

Klerikalisierung von Laien

Für die, die an Mariæ Lichtmeß nicht in der Abendmesse waren, wird noch einmal der Blasiussegen gespendet; und wieder, ähnlich wie vor fünf Jahren: eine Kommunionhelferin macht mit.
Zu Beginn eine ganz besondere Szene: Priester und Kommunionhelferin stehen einander gegenüber, beide mit einem Kerzenpaar in der Hand. Der Priester legte Kommunionhelferin die Hand auf, gibt ihr dann den Blasiussegen; darauf legt die Kommunionhelferin dem Priester die Hand auf, schlägt über ihn dann das Kreuz.

W.H.W

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