Moralia III

Aus alter Zeit:
• DIE REVOLUTION IN L •
Mai 2005 — März 2007:
• MORALIA I •
April 2007 — April 2010:
• MORALIA II •

Orietur Occidens

Montag, 26. April 2010

Offene Antwort auf einen Offenen Brief

Sehr geehrter Herr Professor Küng,
Ihren Offenen Brief habe ich mit Interesse gelesen. Bitte gestatten Sie mir eine offene Antwort.
«Vertan die Annäherung an die evangelischen Kirchen: Sie seien überhaupt keine Kirchen im eigentlichen Sinn, deshalb keine Anerkennung ihrer Ämter und keine gemeinsamen Abendmahlsfeiern möglich», lese ich. Meiner Kenntnis nach beanspruchen die evangelischen Kirchen in Deutschland gar nicht, ein Amt in apostolischer Sukzession zu besitzen, lehnen ein solches gar grundsätzlich ab. Darum gibt es in ihnen gar keine Ämter, die man anerkennen könnte.
«Der Papst führt eine vorkonziliare Fürbitte für die Erleuchtung der Juden wieder ein», lese ich. Ich erinnere mich, daß der Papst eine vorkonziliare Fürbitte für die Erleuchtung der Juden abgeschafft, durch eine unbestimmtere Formulierung ersetzt hat.
«Der Papst ... nimmt notorisch antisemitische schismatische Bischöfe in die Kirche auf», lese ich, womit nur Bischöfe der Pius-Bruderschaft gemeint sein können. Von einem dieser vier Bischöfe wurden nach der Aufhebung der Exkommunikation Äußerungen bekannt, die es begründen, ihm Antisemitismus zu unterstellen. Einen Zusammenhang zwischen der Exkommunikation der vier und dem später dann offenkundig gewordenen Antisemitismus des einen gibt es nicht.
Von «Benedikts Regensburger Rede, in der er, schlecht beraten, den Islam als Religion der Gewalt und Unmenschlichkeit karikiert», lese ich. Ich erinnere mich, daß Papst Benedikt damals nicht den Islam «karikiert», sondern Kaiser Manuel II. zitiert hat, der seinerseits den Islam nicht «karikiert», sondern sehr direkt angegriffen hat.
«Vertan die Chance, mit den modernen Wissenschaften Frieden zu schließen: durch unzweideutige Anerkennung der Evolutionstheorie ...», lese ich. Sie selbst haben das päpstliche Lehramt in Sachen der Glaubenslehre und der Moral einst in Zweifel gezogen. Nun wollen Sie, daß der Papst auch noch ein Lehramt in Sachen der Naturwissenschaft ausübt: «durch unzweideutige Anerkennung der Evolutionstheorie ...».
«Vertan die Annäherung an die evangelischen Kirchen» und «Er realisiert nicht die in offiziellen ökumenischen Dokumenten (ARCIC) vorgezeichnete Verständigung mit der Anglikanischen Kirche», lese ich einerseits, «Er hat außerhalb der katholischen Kirche illegal ordinierte Bischöfe der traditionalistischen Pius-Bruderschaft, die das Konzil in zentralen Punkten ablehnen, ohne Vorbedingungen in die Kirche aufgenommen» andererseits. Das heißt doch, daß wir anerkennen müssen, daß er die Annäherung an die Piusbruderschaft nicht vertan, sondern die Verständigung mit ihr wirklich realisiert hat. Und die Piusbruderschaft erkennt sehr viel mehr ökumenische Konzilien an als die evangelischen Kirchen und als die Anglikanische Kirche.
Und Sie selbst, Herr Professor Küng, haben sich einst in den Ruf gesetzt, in einem zentralen Punkt das I. Vaticanum nicht anzuerkennen; heißt das also, daß Sie jetzt das I. Vaticanum eindeutiger anerkennen als die Bischöfe der Pius-Bruderschaft das II.?
«Vertan die Chance, den Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils endlich auch im Vatikan zum Kompass der katholischen Kirche zu machen und ihre Reformen voranzutreiben», lese ich einerseits, «Er fördert mit allen Mitteln die mittelalterliche Tridentinische Messe und feiert selber die Eucharistiefeier gelegentlich auf Latein ...» andererseits. Tridentinisch ist mittelalterlich? Ein Mittelalter, das vom späten XVI. Jahrhundert bis 1969 dauerte? Ich allerdings habe Papst Benedikt so verstanden, daß er die ins christliche Altertum zurückreichende Form der Liturgie wieder ermöglichen wollte, sei es nun ihre tridentinische Ausprägung, ihre örtliche Ausprägung in Lyon oder Braga oder eine der alten Orden.
Was aber das II. Vaticanum angeht, so hatte es doch gewollt, daß der Gebrauch der lateinischen Sprache bewahrt werde. Wenn also Papst Benedikt die Eucharistiefeier gelegentlich auf Latein feiert, so macht er damit dieses Konzil wieder ein wenig mehr zum «Kompass der katholischen Kirche».
«Noch am 18. Mai 2001 sandte Ratzinger ein feierliches Schreiben über die schwereren Vergehen („Epistula de delictis gravioribus“) an alle Bischöfe. Darin werden die Missbrauchsfälle unter das „Secretum Pontificium“ gestellt, bei dessen Verletzung man sich schwere Kirchenstrafen zuziehen kann», lese ich. Dieses Schreiben besagt nicht etwa, daß es den Opfern, ihren Vertrauenspersonen, den Zeugen oder sonst wem untersagt wird, über diese Taten zu sprechen, sondern es fordert nur die auch im staatlichen Bereich bei gerichtlichen Verfahren selbstverständliche Verschwiegenheit über den Prozeß selbst und die Prozeßakten.
«Er realisiert nicht die in offiziellen ökumenischen Dokumenten (ARCIC) vorgezeichnete Verständigung mit der Anglikanischen Kirche, sondern versucht verheiratete anglikanische Geistliche durch Verzicht auf die Zölibatsverpflichtung in die römisch-katholische Kirche zu locken», lese ich. Ich erinnere mich, daß der Wunsch nach Vereinigung mit der katholischen Kirche bei den anglikanischen Geistlichen selbst bestand, die durch das Vorgehen ihres Episkopats in Gewissensnöte geraten waren. Darf ein Papst Christen, die danach suchen, die Vereinigung mit der katholischen Kirche versagen?
«Papst Benedikt XVI. scheint sich zunehmend von der großen Mehrheit des Kirchenvolkes zu entfernen, das sich ohnehin immer weniger um Rom kümmert und sich bestenfalls noch mit Ortsgemeinde und Ortsbischof identifiziert», lese ich. Ich kann versichern, daß der Großteil der Katholiken, die ich kenne, ebenso wie ich selber Papst Benedikt keineswegs als entfernt erleben, sondern als uns sehr zugewandt, mehr noch denn «Ortsgemeinde und Ortsbischof».
Mit freundlichen Grüßen
W.H.W

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Montag, 3. Mai 2010

Der Weltethiker

« Kontakt
Sie möchten die Stiftung Weltethos in Tübingen kontaktieren?
Sie möchten Prof. Hans Küng kontaktieren?
Schreiben Sie uns, rufen Sie an, Mailen Sie oder schicken Sie ein Fax.
Stiftung Weltethos
Waldhäuser Straße 23
D-72076 Tübingen
E-Mail office@weltethos.org
Telefon +49 7071 62646
Fax +49 7071 610140 »
Vor einer Woche habe ich dieses Angebot genutzt: ich habe auf einen Offenen Brief eine Offene Antwort geschrieben, sie an diese e-Adresse geschickt und zur gleichen Zeit ins Netz gestellt.
In dieser Offenen Antwort habe ich mich bewußt nicht auf Themata eingelassen, die differenzierter Diskussion bedürfen, ich habe mich nicht auf die Frage eingelassen, ob das Verbot künstlicher Empfängnisverhütung vielleicht ethisch begründet ist, ob kirchlicherseits der Gebrauch von Kondomen überhaupt verboten ist, wenn nur Infektionsprophylaxe intendiert ist, nicht aber Empfängnisverhütung. Ich habe nicht gefragt, für wie nützlich Weltethiker Kondome halten, die die Lagerungsbedingungen afrikanischer Dörfer oder Slums zu durchstehen hatten.
Ich habe nicht gefragt, wie es weltethisch zu bewerten ist, für die Stammzellenforschung Menschen zum alsbaldigen Verbrauch zu produzieren (denn nur darum kann es gehen – Forschung mit «adulten Stammzellen» ist theologisch ja schwerlich zu beanstanden). Ich habe auch nicht gefragt, ob als weltethische Richtschnur Versprechungen der Wissenschaftsindustrie taugen, die offensichtlich darauf ausgerichtet sind, in der Öffentlichkeit möglichst viel Stimmung zu machen, nicht aber an realistischen Erwartungen der Wissenschaft orientiert sind.
Ich habe nur auf offenkundige logische Brüche im Offenen Brief hingewiesen.
Welche Antwort nun habe ich vom Protagonisten des Dialogs bisher bekommen? – Keine!
W.H.W

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Anfang Juni 2010

Stockholm-Syndrom und Sparmaßnahmen

Geiseln beginnen mit den Geiselnehmern zu sympathisieren – während einer Geiselnahme in Stockholm ist das zum ersten Mal der unkundigen Öffentlichkeit aufgefallen. Aber das ist ein ganz häufiges Phänomen, das nur den Laien verwundert. Wer in der Gewalt eines anderen ist, erlebt Machtlosigkeit, wünscht sich Macht oder eher, da die er offenkundig nicht hat, Hilfe von jemand Mächtigem. Das aber ist für ihn ganz unmittelbar der, in dessen Gewalt er ist. Also bietet es sich an, sich mit ihm zu «identifizieren» oder, weniger vollmundig ausgedrückt, auf ihn alle Hoffnung, alles Vertrauen zu setzen.
Keineswegs geht es dabei nur um Geiselnahme. Wo immer ein Mensch einem anderen ausgeliefert ist, geschieht solches leicht. Es gibt ein Analogon zum Stockholm-Syndrom im Kleinen, im Familiären: mißhandelte Ehefrauen wollen nicht fliehen, kehren immer wieder zurück zu ihrem Peiniger. Es gibt es im ganz Großen, im Staat: «Wenn der Führer das wüßte» soll im Dritten Reich ein geflügeltes Wort gewesen sein. Und noch lange danach fanden etliche Menschen, daß unter ihm irgendetwas besser gewesen sei. Anderswo spielten andere Tyrannen wie etwa Stalin eine ähnliche Rolle.
Mit anderen Worten: durch brutale Macht kann man Menschen abhängig machen. In einem als Rechtsstaat verfaßten Land ist das freilich schwieriger – obwohl auch dort man daran arbeiten kann, wie in Italien unter der gegenwärtigen Regierung zu sehen ist. Aber das ist nicht unproblematisch.
Was für den durchschnittlichen demokratischen Machthaber bleibt, sind Sparmaßnahmen. Jeder, der nicht wirklich reich ist, muß zittern, um seinen Lebensunterhalt fürchten, denn Sparmaßnahmen bedeuten nun einmal, daß Stellen eingespart, Projekte nicht mehr finanziert werden, daß, besonders wenn an Sozialleistungen gespart wird, die Wirtschaft abgewürgt wird, weil die, die davon betroffen sind, nur noch ganz wenig kaufen können. Da heißt es dann, das Vertrauen auf die Mächtigen zu setzen. Mit anderen Worten: wer mit seiner Macht Not zu schaffen weiß, wird das Vertrauen vieler seiner Opfer ernten.
Und wenn man an den Arbeitslosen, vor allem an den Langzeitarbeitslosen spart, kann man noch die Möglichkeit der Opferbeschuldigung nutzen («blaming the Victim» heißt das auf Englisch. «Victim – victima» ist klar; «blaming» kommt vom französischen «blasmer» [moderne Orthographie: «blâmer»], entstanden aus «blasphemare»). Jeder fürchtet, Opfer zu sein; man kann seine Furcht reduzieren, indem man den Opfern selbst die Schuld gibt. Also: die Opfer betrachtet man als selbst schuld an ihrer Arbeitslosigkeit, und so kann man versuchen, sich selbst zu beruhigen (ist das etwa schwierig? dann muß man sich eben noch mehr einreden, sie selbst seien schuld).
So also sichern Sparmaßnahmen die Macht.
W.H.W

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Frühjahr 2010

Gibt es ein Recht auf Eigentum?

Das Eigentumsrecht erscheint hierzulande als höchstes Prinzip – von den Rechten der Alteigentümer im früheren Deutschdemokratien bis zu den Rechten von Unternehmenseignern gegenüber ihren Arbeitnehmern (ungeachtet der grundgesetzlichen Norm, Eigentum verpflichte). Aber gilt er auch für kleine Gewerbetreibende?
Handwerker und Händler – sein kleiner Gewerbebetrieb ist fest eingesessen, genießt Ansehen in dem obersächsischen Großstädtchen. Leider liegt sein Betrieb an dem Flüßchen, das der Stadt den Namen gibt, nahe einer Brücke, die über dieses Flüßchen führt. Diese Brücke mußte nun erneuert werden. Dadurch kam es im Winter zu Eisschollendruck an ungewohnter Stelle. Es gab einen großen Schaden am Haus; der jedoch konnte ausgebessert werden. Die Ausbesserung scheint zu halten. Jedoch hat eine Koryphäe nachgemessen, und sie hat das Haus für einsturzgefährdet erklärt. Nun darf der Mann seine Gewerberäume nicht mehr betreten. Natürlich liegen da seine Waren und seine Arbeitsgeräte, er kann sie nun nicht verkaufen, nicht nutzen. Kann er mit Entschädigung rechnen? Nicht, wenn höhere Gewalt die Ursache ist. Sind aber nicht vielmehr städtische Baumaßnahmen die Ursachen der Schäden? Man kann sich das wohl denken; doch nachweisen läßt es sich weniger leicht. Der Mann müßte klagen, mit ungewissem Ausgang und hohem Prozeßkostenrisiko. Und gegen wen? wer wäre dann eigentlich rechtlich verantwortlich? Der Mann müßte es wissen, bevor er den Prozeß anstrengt – gegen den Falschen zu klagen würde eine teure Prozeßniederlage mit sich bringen.
Wollte er allerdings seine Waren und Arbeitsgeräte auf eigene Gefahr bergen – diese Gefahr wäre sicher nicht sehr groß, neue Schäden haben sich ja bisher nicht gezeigt –, so drohte ihm eine beträchtliche Geldbuße.
Man vergleiche eine andere Nachricht aus ebendieser Zeit:
30. Mai 2010
Wegen der Gefährdung des Luftverkehrs durch isländische Vulkanasche hatten die europäischen Flugaufsichtsbehörden umfangreiche Flugverbote verhängt. Hätten die Fluggesellschaften fliegen lassen, so wäre Gefahr für Leib und Leben nicht der Verantwortlichen, sondern von Fluggästen zu befürchten gewesen. So erschienen diese Flugverbote notwendig.
Darauf aber kündigte eine Billigfluggesellschaft zusammen mit anderen Gesellschaften eine Sammelklage an, um von den europäischen Flugaufsichtsbehörden Ausgleichszahlungen für die Folgen der Flugverbote zu erreichen. Zwar ist Vulkanasche höhere Gewalt, für die Behörden nicht zu haften brauchen, aber die Fluggesellschaft findet, daß «sich im Nachhinein herausstellt, dass die Schließung in der Größenordnung nicht nötig war». Ob solche Flugverbote wirklich notwendig waren, ist natürlich selbst «im Nachhinein» nicht einfach zu klären, um wieviel weniger schon vorher, dann, wenn die Entscheidung getroffen werden muß.
Aber die Klage könnte dennoch erfolgreich sein – schließlich haben die Fluggesellschaften gute Rechtsabteilungen. Für die Flugaufsichtsbehörden freilich würde ein Erfolg der Klage bedeuten, daß es für sie finanziell bedenklich würde, entschiedene Maßnahmen für die Sicherheit der Fluggäste zu ergreifen.
Zwar hätte der obersächsische Gewerbetreibende moralisch sehr viel mehr für sich anzuführen: bei ihm ginge es, wenn er versuchen würde, seine Waren und Werkzeuge zu bergen, nicht um die Sicherheit von Kunden, und die Gefahr dabei wäre doch wohl deutlich geringer als die von Fluggästen inmitten der Vulkanasche. Doch hat er keine gute Rechtsabteilung, auch keinen soliden Etatposten für Prozesse; für ihn ist es riskant, sein Recht auf dem Rechtsweg zu suchen.
W.H.W

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Donnerstag, 1. Juli 2010

Trennung von Staat und Kirche

Eine in Italien wohnende Finnin hat gegen die Republik Italien vorm Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte darauf geklagt, die Kreuze aus staatlichen Schulen zu entfernen. Einen Schein von Rechtfertigung erhält ihre Klage dadurch, daß in Italien Staat und Kirche laut Verfassung getrennt sind.
Aber es ist nur ein Anschein. Zweierlei steht dagegen:
I. Schule ist nicht möglich, ohne daß dort Erziehung geschieht. Erziehung aber kann nicht religiös neutral sein. Eine staatliche Schule, die die Religion ausschließen wollte, würde ipso facto gegen die Religion anerziehen, damit eine laïzistische Kontrareligion verbreiten. Das wäre keine Trennung von Staat und Kirche, sondern Kampf des Staates gegen die Kirche (wie er ja hierzulande durchaus nicht selten stattfindet).
II. Trennung von Staat und Kirche kann nur heißen: Trennung der Institutionen. Nicht gemeint sein kann die Kirche im geistlichen Sinn; Angehörige der Kirche bleiben ja Bürger des Staates, die meisten Staatsbürger gehören der Kirche an. Nun ist aber das Kreuz nicht Symbol der Kirche als Institution, sondern des christlichen Glaubens. Der aber fällt nun nicht unter die Trennung von Staat und Kirche.
W.H.W

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Freitag, 9. Juli 2010

Die Ethik der Ethikkommissionen

«Aufklärung genetischer Ursachen der psychomotorischen Entwicklungsstörung» heißt eine Studie des «Netzwerks Mentale Retardierung» (MRNET); Mütter und Väter von Kindern mit geistiger Behinderung werden gebeten, ihre Kinder dafür zur Verfügung zu stellen, einzuwilligen, daß diesen zwecks genetischer Analyse eine Blut- oder Gewebeprobe entnommen wird. Dabei sollen die Eltern auf jedwede Ansprüche auf Vergütung, Tantiemen oder Gewinne verzichten, welche die Forschung mit jenen Blut- oder Gewebeproben einbringen könnte. Einen gesundheitlichen Nutzen stellt die Einwilligungserklärung den Teilnehmern nicht in Aussicht.
Das ist fremdnützige Forschung mit nichteinwilligungsfähigen Menschen, wie die Bundesvereinigung Lebenshilfe festgestellt hat; diese ist unethisch und gilt hierzulande als nicht erlaubt.
Der Leiter der Studie und MRNET-Koordinator traf sich zwar mit einer Frau vom Vorstand der Lebenshilfe, aber ergebnislos; auf weitere Anfragen der Lebenshilfe reagierte das MRNET nicht mehr. Der tageszeitung aber (die ich hier großflächig zitiere) erklärte der Leiter der Studie, die Bedenken der Lebenshilfe seien «eine persönliche Meinung» der Frau vom Vorstand der Lebenshilfe, «die in der ethischen Diskussion als „Randposition“ betrachtet werde», «neun Ethikkommissionen an allen beteiligten Studienstandorten hätten das Projekt vorab „begutachtet und als unbedenklich beurteilt“».
Legalität wird also nicht als bedeutsam betrachtet; und an die Stelle der Ethik gilt die Mehrheitsmeinung von Ethikkommissionen; dem, der begründet anderer Meinung ist, wird demgegenüber nur «eine persönliche Meinung» zuerkannt, die – welch ein ethisches Argument! – als «Randposition» abgetan wird.
Tatsache aber ist, daß Menschen, die selbst nicht einwilligen können und die keinen therapeutischen Nutzen davon haben werden, Blut- oder Gewebeproben entnommen werden sollen; wenn sich mit den Ergebnissen aber Geld verdienen läßt, sollen das andere bekommen – eben das MRNET. Ethik der Ethikkommissionen!
Außerdem: Wenn Geld damit zu verdienen ist, dann beispielsweise durch Pränataldiagnostik, wie das MRNET selbst angedeutet hat. Pränataldiagnostik von geistigen Behinderungen aber bedeutet in der Folge: Tötung behinderter ungeborener Menschen. Und ich kenne die Regelung von Krankenkassen, daß die Kasse zwar die Pränataldiagnostik bezahlt – aber bei einem positiven Ergebnis nur, wenn daraufhin auch eine Abtreibung durchgeführt wird. Wissen das die Ethikkommissionen etwa nicht?
Als Psychotherapeut stehe ich oft vor der Frage: will jemand Therapie machen, um sich mit deren Hilfe zu ändern, oder will er sie machen, um sich nicht ändern zu müssen? Ebenso gibt es die Frage: konsultiert jemand eine Ethikkommission, um sich mit deren Hilfe ethisch zu verhalten, oder konsultiert er sie, um sich nicht ethisch verhalten zu müssen?
P.S.: Wichtigster Finanzier des MRNET ist das Bundesforschungsministerium. Es wurde von der Lebenshilfe über diese Affaire informiert. Die Ministrin teilte daraufhin mit, daß das Lebenshilfe-Schreiben ihr Haus veranlaßt habe, den Projektleiter «nochmals auf seine ärztliche und juristische Verantwortung» aufmerksam zu machen. Das war’s.
W.H.W

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Mittwoch, 11. August 2010

Marktwirtschaft auf den Spuren der Planwirtschaft

In einer kleinen niedersächsischen Ortschaft ist ein Schlachthof geplant, in dem jährlich 130 Millionen Hühner geschlachtet werden sollen. In einem Kommentar in der tageszeitung beschreibt Jost Maurin die absehbaren Folgen, nicht nur für den Ort – «täglich mehr als 100 Lastwagen» –, sondern für die bäuerliche Landwirtschaft überhaupt:
«Die Bauern verlieren in diesem System an Unabhängigkeit, das zeigen die Erfahrungen an anderen Standorten. ... Schon jetzt ist absehbar, dass die großen Mastanlagen mehr produzieren werden, als Hähnchenfleisch verkauft werden kann. ... Die Folge ist ein Verdrängungswettbewerb, in dem nur die größten Unternehmen überleben, die am billigsten produzieren. Viele kleine Familienbetriebe werden auf der Strecke bleiben, die Konzentration wird zunehmen. So ist es auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft – ob bei der Milch oder beim Schweinefleisch. Irgendwann leiden darunter auch die Verbraucher, denn wenige Konzerne legen dann Qualität und Preise fest.»
Die Erfahrungen an anderen Standorten, auf die er verweist: die Bauern «liefern meist ausschließlich an einen Schlachthof und müssen das Futter von derselben Firma beziehen». Abhängigkeit von der Zentrale, Enteignung, dort durch politischen, hier durch wirtschaftlichen Druck – die Bauern erleben in der freien Marktwirtschaft das gleiche wie einst in der sozialistischen Planwirtschaft.
W.H.W

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Freitag, 13. August 2010

Die Macht der Popindustrie

Durch amerikanische Krankenhaus- und Forensikserien werden deutsche Mädchen animiert, technische Berufe zu ergreifen, so lese ich; deutsche Serien und Soaps leisten das nicht. Das hat eine Studie der Technischen Universität Berlin ergeben.
Was sie nun studieren mögen, soll man, meine ich, den jungen Damen selbst überlassen. Was mich aber beunruhigt, ist die Macht, die eine triviale Fernsehindustrie über Menschen, über ihre Einstellungen, über ihr Leben ausübt.
W.H.W

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September 2010

Der Messerschmied der Stadt

Er ist der einzige Messerschmied unseres Großstädtchens, hat einen sehr guten Ruf. Aber das Haus, in dem er sein Schneidwaren-Fachgeschäft und seine Schleiferei hatte, hat die Stadt abreißen lassen, wegen angeblicher Instabilität (an die Fachleute eher nicht glauben. Geeignete neue Geschäftsräume lassen sich nicht so schnell finden. Wie es weitergeht mit seinem Betrieb, bleibt allein ihm überlassen.
Wenn ein Autohersteller wirtschaftliche in Gefahr gerät, springt die Bundesregierung helfend ein. Gerät ein Handwerksbetrieb in eine – in keiner Weise selbstverschuldete – Krise, bleibt die Politik gleichgültig. Sicher: bei ihm sind weniger Arbeitsplätze betroffen; aber indem die Politik bei großen Unternehmen hilft und bei kleinen nicht, gehen immer mehr solcher kleiner Betriebe verloren, während große sich immer mehr ausweiten können. Diese Großunternehmen aber sind es, die Städte und Regierungen unter Druck setzen können und auch einfach den Standort wechseln oder örtliche Niederlassungen abbauen können; der Handwerksbetrieb ist da in aller Regel verläßlicher. Durch jene Umschichtung zu großen Unternehmen macht die Politik sich also letztlich abhängiger.
Außerdem: Autos sind schon reichlichst vorhanden und werden sowieso weiterhin hergestellt werden; hochwertige Messer und dergleichen sowie deren handwerkliche Pflege werden von vielen in der Stadt gebraucht (besonders gewerblich!), das aber ist nur von unserem Messerschmied zu haben.
W.H.W

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Samstag, 25. September 2010

«Menschenrechte» gegen die Religionsfreiheit

Einen Organisten und Chorleiter, der sich von seiner Frau getrennt hatte und danach mit einer neuen Lebensgefährtin zusammenlebte und sie schwängerte, hätte seine Pfarrei auch weiterhin beschäftigen müssen, so fordert es der «Europäische Gerichtshof für Menschenrechte» vom bundesdeutschen Rechtswesen.
Diese Republik, die nicht nur von ihren Beamten, sondern auch all ihren Angestellten strenge Verfassungstreue fordert (so daß selbst ich, als ich einstmals eine kleine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft annahm, mich offiziell verpflichten mußte, diese nicht zum Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzusetzen), soll es der Kirche verwehren, von ihren Angestellten Treue zu den Grundforderungen christlicher Lebensführung zu verlangen – und das in einer Zeit, die die Trennung von Staat und Kirche auf ihre Fahne geschrieben hat.
Sicherlich: der «Europäische Gerichtshof für Menschenrechte» liebt es offensichtlich, im Namen der «Menschenrechte» gegen die Menschenrechte, hier konkret die Religionsfreiheit, vorzugehen. Dennoch: Mitschuld scheint auch die Pfarrei zu haben, die die Entlassung des Kirchenmusikers damit begründet zu haben scheint, daß sie ihre Glaubwürdigkeit verliere, wenn sie ihn weiter beschäftige. Doch das Entscheidende ist doch, daß Chorgesang und Orgelspiel im Gottesdienst gottesdienstliche Handlungen sind, die zum Innersten des kirchlichen Lebens gehören, die wesentlich nur von jemandem durchgeführt werden können, der ungeschmälert der kirchlichen Communio angehört und sich dazu auch in seinem täglichen Leben bekennt.
W.H.W

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Dienstag, 2. November 2010

In was für einem Land leben wir!

wo die Wasserversorgung an private «Investoren» verscherbelt wird, teilweise eher verschenkt als verkauft, und den Konfessionsschulen das Wasser abgegraben wird?
Und es sind nicht etwa die üblichen Verdächtigen, die die Konfessionsschulen zurückstutzen wollen, sondern eben die, die auf die so manch frommer Christ bisher seine Hoffnung gesetzt hat.
W.H.W

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Freitag, 14. Januar 2011

Freiheit ist die Freiheit, zu sagen, daß zwei plus zwei vier ergibt

«Freedom is the freedom to say that two plus two make four», schrieb George Orwell in «Nineteen Eighty-Four» (1949; Part I, 7). Später wird der Leser Zeuge, wie der klägliche Held des Buches durch Folter dazu getrieben wird, nicht nur zu sagen, sondern gar zu glauben, daß Vier Fünf sei (Part III, 2).
Jemanden, der professionell Menschen tötet, «Tötungsspezialisten» zu nennen, wird nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden. An Folter jedoch denkt der Gerichtshof natürlich nicht, er läßt nur zu, daß den Sachverhalt beim Namen zu nennen als Bagatelldelikt, als «Beleidigung» bestraft werden kann.
W.H.W
Nachtrag von Samstag, 11. Februar 2012:
Eine Berliner Amtsrichterin hat es abgelehnt, ein Hauptverfahren gegen einen Blogger auch nur zu eröffnen, der die Katholische Kirche als «Kinder[schänder]-Sekte» («-schänder»: der von jenem Blogger benutzte Ausdruck war noch degoutanter) bezeichnet hat.
Es ging freilich um eine Klage wegen Gotteslästerung. Der Vorwurf der Gotteslästerung aber greift nach bundesdeutschem Strafrecht nur, wenn dadurch der öffentliche Friede gestört wird – und wir Katholiken pflegen nicht gewalttätig zu reagieren. Eine Klage wegen Beleidigung seitens der katholische Kirche ginge rechtlich nicht an, weil das bundesdeutsche Strafrecht Beleidigung großer Institutionen nicht als Straftat wertet.
Allerdings hatte jener Blogger auch ganz persönlich Kardinal Meisner als «Kölner Oberhaupt der Kinder[schänder]-Sekte» bezeichnet; der aber hat offenbar keine Anzeige erstattet.
W.H.W

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Mittwoch, 19. Januar 2011

Private Krankenversicherungen – wer muß bezahlen?

Wozu gibt es sie eigentlich? Die Argumente, die man zu hören bekommt, reichen vom Recht der Betreiber auf Gewerbefreiheit bis dahin, daß sie mehr Leistungen bieten und letztlich kostengünstiger seien.
Nun hat ein Gerichtsurteil dafür gesorgt, daß die Wirklichkeit ans Licht kommt:
Wer privat krankenversichert ist und dann Arbeitslosengeld II (vulgo: Hartz IV) beziehen muß, kann nicht in eine gesetzliche Krankenkasse wechseln, sondern zahlt fortan den Basistarif seiner privaten Krankenversicherung; dafür erhält er die gleichen Leistungen wie bei den gesetzlichen Krankenversicherungen, doch ist dieser Basistarif etwa fünfmal so hoch wie der Tarif der gesetzlichen Krankenversicherungen oder, wenn der Versicherte «hilfebedürftig» ist, etwa zweieinhalbmal so hoch.
Bisher mußte der Arbeitslosengeld-II-Empfänger diese Differenz, etwa 150,-- für exakt nichts, selber aufbringen; nun hat das Bundessozialgericht die «Jobcenter» verurteilt, sie zu bezahlen.
Bisher waren es demnach die Ärmsten des Landes, fortan ist es letztlich der Staat, der die privaten Krankenversicherungen hoch subventioniert, ohne jedweden erkennbaren Nutzen.
W.H.W
Nachtrag von Montag, 30. Dezember 2013:
«... Was hat sich geändert in den vergangenen Jahren? Es gibt sehr viele Menschen, die nicht obdachlos sind, aber sie haben keine Krankenversicherung, waren vielleicht mal selbstständig, zum Beispiel als Taxifahrer, und sind dann raus aus der privaten Kasse, weil sie die 600 Euro nicht mehr zahlen konnten und auch nicht die Hälfte für Bedürftige. [(Rund 137.000 nicht krankenversicherte Personen gibt es laut Statistischem Bundesamt. Und 150.000 Privatversicherte können ihre Policen nicht mehr bezahlen und bleiben die Beiträge schuldig. Anm. G. G.)] Das geschieht seit 2009, seit es dieses Gesetz gibt zur Versicherungspflicht. Also hier bei uns gehören zu den Patienten jetzt auch so 20 Prozent etwa, die normal wohnen, aber nicht versichert sind. Eine Frau hat mich mal angerufen und gesagt, sie schläft mittlerweile in ihrem Kiosk, weil sie sich nur Miete oder Versicherung leisten kann. ...
... Ich mache das nun schon fast 20 Jahre, am Anfang kamen die klassischen Obdachlosen in meine Sprechstunde, arme Leute aus der unteren Schicht, inzwischen kommen heute auch Arme aus ehemals besseren Verhältnissen, die gebildet sind. Wir hatten schon einen Doktor der Pädagogik, einen Architekten, einen Anästhesisten, eine Krankenschwester ...»
(Die Ärztin der Armen /
Besuch bei Jenny de la Torre Castro in Berlin-Mitte
von Gabriele Goettle
Dr. med. Jenny De la Torre Castro ist Obdachlosenärztin
und Initiatorin des Gesundheitszentrums für Obdachlose in Berlin.
)

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Freitag, 15. April 2011

Wissenschaftsmoden

«„Vor der Krise dachten wir zu wissen, wie man Volkswirtschaften führen muss“, so Strauss-Kahn», der IWF-Chef, lese ich in der tageszeitung. «„Mit drei Mantras“: Deregulierung und Privatisierung führen zu Wohlstand. Sich selbst regulierende Finanzmärkte sorgen dafür, dass Ressourcen produktiv eingesetzt werden. Und einfache Regeln für Geld- und Fiskalpolitik garantieren Stabilität. „In der Krise ist das zusammengefallen.“»
Daß solche Mantras in Wirklichkeit ganz andere Wirkungen haben als die vorgeblich angestrebten, das wußten Deutsche allerdings schon seit den achtziger Jahren, als die Krise des «Standorts Deutschland» ausgerufen wurde, die ja eine Folge des Zugriffs «sich selbst regulierender Finanz»- und anderer überstaatlicher Märkte auf Deutschland war. Diese Sorge um den «Standort Deutschland» motivierte damals schon den «Umbau», sprich Abbau des Sozialstaates und führte so zum Abbau des Wohlstandes gerade der Ärmeren, die staatlichen Beistand am meisten nötig haben. Andere Länder dürften ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Und diese Folgen treffen seit langem ärmere Länder noch stärker als die reicheren wie Deutschland (was dann in marktliberaler Nonchalance auf die Subventionen der westlichen Länder geschoben wird, nicht auf das wirkliche Problem, den Freihandel). Und bereits 2003 konnte ein wirtschaftspolitischer Laie allgemeinbekannte verheerende Auswirkungen von «Deregulierung und Privatisierung» anführen. Jetzt hat es also auch der IWF-Chef gemerkt.
Aber es war und ist wohl immer noch eine Wissenschaftsmode, die vor Denken dispensiert.
In anderen Bereichen gibt es das Gleiche. Bekannt sind die verheerenden Überschwemmungen, die es seit etlichen Jahren in Deutschland (und nicht nur hier) gegeben hat; bekannt ist auch, daß einen Großteil der Verantwortung Wasserbaumaßnahmen tragen, Flußregulierungen, -begradigungen. Warum diese (landschaftszerstörerischen) Baumaßnahmen? Eine Antwort habe ich bekommen von einem Wasserbauingenieur, geboren in den vierziger Jahren; er hat an der Hochschule gelernt: «Wasser muß schnell abfließen».
So einfach war das also für die Fachleute: eben eine Wissenschaftsmode.
Ebenso hat viele Jahrzehnte lang in der Theologie eine Wissenschaftsmode vom Denken dispensiert: die Evangelien seien erst lange nach der Lebenszeit Jesu entstanden, keiner der Autoren habe mehr ihn selbst oder auch nur glaubwürdige Augenzeugen gekannt. Seit langem haben Historiker und Philologen wie Hugo Staudinger und Carsten Peter Thiede, auch Theologen wie Hans-Joachim Schulz, Klaus Berger und Karl Jaroš bewiesen, daß das falsch ist – gegen die Mode kommen sie kaum an.
Was ist der Sinn solcher Moden, solch oberflächlicher «Wissenschafts»-Gläubigkeit? Für die Mitläufer sicher einfach die Befreiung vom Denken; aber für die Urheber?
Ich will raten. Beim Wasserbau mag es die Lust sein, die Möglichkeiten der Technik ungehemmt auszunutzen, sich die Welt zu unterwerfen. Beim Marktglauben geht es wohl um den Wunsch, Wettkampf in ganz großem Maßstab durchzuführen, am liebsten mit ganzen Volkswirtschaften. In der Theologie geht es schließlich darum, den Glauben hinter sich lassen zu können und trotzdem sich nicht als Apostaten zu zeigen.
Ich aber will Wissenschaftsmoden gegenüber strikte Abstinenz wahren.
W.H.W

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Donnerstag, 21. April 2011

Vertreibung

Im rassistischen Südafrika wurden Schwarze aus ihren Dörfern vertrieben, um sie in Bantustans anzusiedeln, und man wußte (wenn man nicht ganz rechtsextrem dachte), daß das schlimm war. In Rumänien wurden unter Ceaucescu deutschstämmige Landesbürger aus ihren Dörfern vertrieben, um die deutschen Regionen zu romanisieren, und man wußte (wenn man nicht ganz linksextrem dachte), daß das schlimm war. In Tanzanien wurden unter Präsident Julius Nyerere Menschen aus ihren Dörfern vertrieben, um am neuen Ort eine neue Gesellschaft nach dem Geschmack der Regierung zu schaffen, und weil Präsident Julius Nyerere als Protagonist des modernen, fortschrittlichen Afrika galt, fanden das fast nur die Betroffenen selbst schlimm. In Deutschland wurden und werden Menschen aus ihren Dörfern vertrieben, um Braunkohle im Tagebau abzubauen (das wohl luftverpestendeste Brennmaterial), und nur die Betroffenen selbst und Naturschützer finden das schlimm.
Nun gibt es eine neue, anders, scheinbar angemessener begründete Vertreibung: die japanische Regierung vertreibt immer mehr Menschen, die in der Nähe der Atomkraftwerke von Fukushima gelebt haben, aus ihren Wohnungen, verbietet den schon Vertriebenen oder Geflohenen unter Strafe die Rückkehr, wenn sie etwa ihr Eigentum aus ihren Wohnungen retten wollen. Begründet wird das mit der Gesundheitsgefährdung in diesen Gebieten.
Der japanische Staat hat sich wenig um die Gesundheit der Bevölkerung gesorgt, als er den Bau der Atomkraftwerke dort zuließ – damals ging es um die Interessen von Großacteuren der Wirtschaft. Jetzt sind nur noch die Interessen, die Rechte der Menschen selbst berührt: ihre Wohnungen, ihr Eigentum. Jetzt sorgt sich der Staat um die Gesundheit dieser Menschen und entscheidet dabei gleich selber, wie die Güter der betroffenen Menschen abzuwägen sind, daß nicht etwa jemand sich erlauben könne, zu befinden, daß die Dinge, die er zurücklassen mußte, es wert seien, eine Gefährdung seiner Gesundheit in Kauf zu nehmen.
Ob diese Dinge das wert sein können, kann ich nicht beurteilen; klar sagen kann ich jedoch, daß der Staat, der diese Gefährdung zuvor, bei der Genehmigung der Atomkraftwerke, in Kauf genommen hat, jetzt nicht legitimiert ist, über die Interessen seiner betroffenen Bürger – der Opfer seiner Politik – zu entscheiden.
W.H.W

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Orietur Occidens

Donnerstag, 28. April 2011

Die Pharaonen bauten Pyramiden,
und die heutigen Politiker ...

Die Pharaonen bauten Pyramiden, Justinian baute die Hagia Sophia, Philipp II. den Escorial.
Tempi passati!
In unserem Zeitalter war es, nun auch schon in grauer Vorzeit, die Startbahn West des Frankfurter Flughafens, es war der Rhein-Main-Donau-Kanal, es war immer wieder der Transrapid (dessentwegen lange Zeit auf der Bahnlinie Hamburg-Berlin keine schnelleren Züge fahren durften), es folgten (unter vielem anderen) die Elbvertiefung, der Donauausbau, Stuttgart 21 und – erst die Koalitionsverhandlungen in Rheinland-Pfalz bringen es bundesweit recht ans Licht – der Hochmoselübergang, eine monströse, das ganze Tal überspannende Brücke, die die Landschaft zerstört und den Weinbau beeinträchtigt.
Einerseits: Politiker wollen bauen – das ist wohl unabänderlich. Andererseits: in alter Zeit waren es Bauwerke, die das Land bereicherten; heute will man solche, die es ruinieren: Atomkraftwerke, riesige Staudämme und, besonders häufig, monströse Verkehrsprojekte. Und natürlich findet sich stets der eine oder andere Experte, der die Sicherheit oder die Rentabilität zu bestätigen bereit ist.
Ein Kompromißvorschlag: Es wird gesetzlich ein bestimmter Anteil der Staatseinnahmen für Großbauprojekte reserviert, über den die jeweils machthabenden Politiker dann frei verfügen können; auch die windigste Rentabilitätsberechnung für solche Projekte ist vorbehaltlos anzuerkennen. Und es werden gewisse Gebiete des Landes für solche Projekte vorgehalten. Da bieten sich Städte von Wolfsburg über Leverkusen bis Böblingen-Sindelfingen an; und in größeren Städten wären bestimmte Stadtgebiete vorzuhalten – in unserem obersächsischen Großstädtchen etwa böte sich das Heckert-Gebiet an. Dort hätten Politiker im Rahmen eines nicht ganz kleinen Budgets freie Hand; dafür aber müßten andere Gebiete verschont bleiben. Das heißt beispielsweise: in unserer Stadt dürfte der Südring (eine Stadtautobahn) einige Kringel im Heckert-Gebiet dazubekommen, er dürfte aber nicht bis in den Zeisigwald verlängert werden.
Für die Bürger sicher ein guter Kompromiß – zwar würden einige Steuergelder regelmäßig verschwendet, aber das geschieht ja auch so; und wenn es ein festgelegter Anteil am Steueraufkommen ist (im Idealfall: am Steueraufkommen aus direkten Steuern), würde das Politiker vielleicht ein wenig von weiteren Steuersenkungen abhalten.
Andererseits: mit diesen Baumaßnahmen würden Politiker den Bürgern kaum wehtun; ob das gewissen Politikern so genügen würde?
W.H.W

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Samstag, 28. Mai 2011

Das katholische Ghetto – was war das?

Es schmerzt mich, wenn Katholiken auf der einen Seite sich für Menschen einsetzen, Gutes tun, auf der anderen aber gegen die Kirche polemisieren.
Eine Weiße Schwester hat ihr Ordensleben dem Bemühen gewidmet, Prostituierten herauszuhelfen, in Kenia, dann auch in Europa. Im Interview sagt sie gute, wichtige Dinge: daß sie, damals in Mombasa, keine Prostituierte getroffen hat, die mit ihrer Lebenssituation zufriedengewesen wäre; daß es hierzulande nötig war, «Frauen in der Prostitution Zugang zu Versicherungen» zu garantieren, aber daß durch das neue Prostitutionsgesetz, das davon ausgeht, Prostitution sei «ein Beruf wie jeder andere», es «viel schwieriger geworden» ist, «Frauen, die Opfer von Menschenhandel sind», aus den Bordellen zu befreien.
Aber sie nutzt das Interview auch, mit Gemeinplätzen gegen Papst Johannes Paul II. und Ratzinger zu polemisieren, gegen die «Amtskirche», die «ja sehr ins Zwielicht geraten» sei «durch Affären».
Woher diese unbegründete Animosität einer engagierten Ordensfrau gegen die eigene Kirche?
An einer anderen Stelle des Interviews sagt sie etwas, was in mir Verständnis erweckt: «Wir hatten im Kloster auch Seminare, die uns auf die Ehelosigkeit vorbereiteten. Die Oberin sagte, wir müssen die Sinne beherrschen, was ich richtig finde. Aber ihr Vorschlag, dass wir die Augen schließen sollen, wenn etwas schön ist, oder dass wir nicht an allem riechen sollen – das fand ich blöd.»
In solchen Ratschlägen der Oberin erkenne ich etwas von dem berüchtigten katholischen Ghetto des XIX. und frühen XX. Jahrhunderts. Natürlich war damals nicht die ganze Kirche so geartet, aber solche Haltungen hatten in ihr doch Raum – privat habe ich ähnliches und schlimmeres gehört.
Die Schwester sagte: «Nach der Stunde bin ich in den Garten und habe an jeder einzelnen Blume gerochen.» Sollte jemand noch unsicher sein, wer da katholischer war, die damals noch junge Schwester oder ihre Oberin, der denke an den Brief, in dem Basileios d.Gr. Gregor von Nazianz gegenüber von seinem Klösterchen schwärmt:
«So sehe ich einen Ort vor mir in Wirklichkeit, wie wir ihn uns bei Muße und im Scherze oft vorzumalen pflegten. ... Der sie umgebende Urwald mit den verschiedenen und mannigfaltigen Bäumen dient ihr fast gar als Zaun, so daß im Vergleich zu ihr sogar die Insel der Kalypso, die Homer wegen ihrer Schönheit mehr als alle Inseln bewunderte, unansehnlich erscheint. ... Unsere Hütte trägt ein anderer Bergsattel mit einem etwas erhabenen Plateau davor, so daß man die erwähnte Ebene unten vor seinen Augen liegen sieht und von oben herab auch den Fluß ringsum überschauen kann. Dieser bietet, wie wenigstens mir scheint, nicht weniger Genuß als der Strymon, von Amphipolis aus betrachtet.»
W.H.W

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Samstag, 30. Juli 2011

Fingierte «Menschenrechte» als Argument gegen Menschenrecht

Bei In-vitro-Fertilisationen werden regelmäßig auch Embryonen erzeugt, die nicht eingesetzt werden, also letztlich zugrunde gehen. In Costa Rica sind sie darum seit 2000, seit einer Verfassungsklage der Bischofskonferenz, verboten.
Nun verlangte die Interamerikanische Menschenrechtskommission von Costa Rica, bis zum 31. Juli 2011 dieses Verbot aufzuheben. Einige Paare hatten vorgegeben, ihr Menschenrecht auf die Bildung einer Familie werde durch das Verbot mißachtet.
Es gibt ein Menschenrecht, zu heiraten, wenn zwei Menschen – zwei unverheiratete Menschen verschiedenen Geschlechts – das gemeinsam wollen; dieses Paar hat auch das Recht, Kinder zu zeugen. Aber Zeugung ist ein natürlicher Vorgang (daß einen Menschen zu schaffen göttliches Handeln ist, bleibt hier unbeachtet); ein Menschenrecht, eine Familie zu gründen, also ein Recht auf solch einen natürlichen Vorgang, auch wenn die Natur ihn nicht gewährt, kann es nicht geben.
Solch ein fingiertes «Menschenrecht» aber ist für die Interamerikanische Menschenrechtskommission Grund genug, von Costa Rica zu fordern, das Menschenrecht auf Leben hintanzusetzen.
Die Präsidentin wollte sich fügen; das Parlament aber entschied für die wirklichen Menschenrechte.
Ich schreibe dies, weil ich Sorge habe, daß auch hier, daß auch künftig fingierte «Menschenrechte» eingesetzt werden gegen wirkliche Menschenrechte, bei der Abtreibung, bei der «Euthanasie», bei «Homoehe» und Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare.
W.H.W

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Wirtschaftsliberalismus

Samstag, 13. August 2011

Christ und wirtschaftsliberal?

Eine abwegige Verbindung – eigentlich genügt ja das Wort des Herrn: «Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon» (Mt. 6, 24; Lc. 9, 13); dennoch muß offenbar immer wieder von neuem zu dem Thema gesagt werden. Selber habe ich ja schon über den Kult des «Freien Marktes» als Götzendienst und über die Geistesgeschichte des Wirtschaftsliberalismus geschrieben.
Und in letzter Zeit war wieder einiges Interessante dazu zu lesen: ein Artikel zeigt, wie das Nordamerikanische Freihandelsabkommen ebenso wie die Menschen in Mexiko (die Tortilla-Krise ist ja noch in übler Erinnerung) auch die in den USA schädigt, ein anderer legt die Strategie offen, die hinter der gegenwärtigen Schuldenkrise steht; ein weiterer schließlich stellt einen Mann vor, der das Unvereinbare zu vereinbaren suchte, der marktliberal dachte, dann zur katholischen Kirche konvertiert ist und seinen Marktglauben zunächst beibehielt. Mir erschließt es sich nicht, wie es denkbar ist, vom ungezügelten Markt etwas Gutes zu erhoffen – er hat es aber anscheinend zunächst gutgläubig (schlechtgläubig sollte man besser sagen) getan; doch schließlich hat er es begriffen, und (auch) darum ist der Artikel lesenswert.
W.H.W

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23. November 2011

Freie Marktwirtschaft im Mutterleib

Jüngst hatte es von europäischen Gerichten, von denen man durchaus nicht nur Gutes gewohnt ist, bemerkenswerte Urteile gegeben: der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte das Patentieren von wissenschaftlichen Verfahren, die menschliche embryonale Stammzellen nutzen, untersagt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Legalisierung der Eizellspende.
Nun meldet sich in einem Positionspapier die Ethikexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, die auch Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium ist, gemeinsam mit vielen Parteifreunden zu Wort – ich zitiere aus der tageszeitung:
Sie sagt, sagt, sie habe diese Gerichtsurteile «„mit hoher Irritation und Erstaunen“ zur Kenntnis genommen.» Sie und ihre Mitstreiter fordern: «Die Eizellspende, bislang nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland verboten, soll erlaubt werden. Ebenso die Samenspende von Verstorbenen.»
Ich erinnere mich: Als es um die Einführung der «Babyklappen» ging, die Müttern erlauben, unerkannt ungewollte Kinder abzugeben, ohne daß Leben und Gesundheit dieser Kinder gefährdet wird, gab es einen Aufschrei: das widerstreite der gesunden Entwicklung von Kindern, die doch Gelegenheit haben müßten, ihre leiblichen Eltern kennenzulernen. Nun sollen Zustände ermöglicht werden, in denen nur noch schwer zu definieren ist, wer eigentlich die Mutter des Kindes ist, in denen Kinder keine Gelegenheit mehr haben können, ihren Vater kennenzulernen, weil der längst verstorben ist.
Erlauben wollen die FDP-Politiker zudem «den sogenannten elektiven Single-Embryo-Transfer ... Damit ist ein Verfahren gemeint, bei dem nach In-vitro-Fertilisation (IVF) mehrere Embryonen einige Tage kultiviert werden - mit dem Ziel, nur einen einzigen, den „besten“ Embryo auszuwählen, der dann in die Gebärmutter eingesetzt wird.»
Menschen sollen sich also zuerst auf einer Art von Freiem Markt durchsetzen müssen, bevor sie auch über ihre ersten Tage hinaus leben dürfen.
W.H.W

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Mittwoch, 7. Dezember 2011

Hebammen in Bedrängnis

Der Right Livelihood Award, eine dem wenig wohlklingenden Namen zum Trotz hochzuschätzende Auszeichnung, ging dieses Jahr an eine Hebamme. Welche religiöse Haltung Frau Gaskin vertritt, weiß ich nicht; jedenfalls aber ist ihr Einsatz für die Autonomie gebärender Frauen, gegen Medizinalisierung, sinnlose chirurgische Eingriffe und gar Trennung von Mutter und Kind ganz im christlichen Sinn. Und in einer Zeit, in der sich hierzulande viele Hebammen wegen übermäßiger Haftpflichtversicherungskosten kaum mehr ihren Beruf leisten können, ist ihr Anliegen auch hier wichtig.
Wer einen anspruchsvollen Beruf wie den der Hebamme hat, muß oft schnell und energisch handeln, sorgfältig, aber auch entschieden, ohne ängstliches Zögern. Niemand kann ausschließen, je einen Fehler zu machen, schon gar nicht unter solchen Bedingungen. Vor allem aber kann niemand völlig ausschließen, je etwas zu machen, was ein Richter für einen Fehler halten könnte. Und niemand kann vermeiden, je eine Vorschrift zu übertreten – man erinnere sich: als vor etlichen Jahren Beamte das Streikverbot für Beamte aushebeln wollten, indem sie «Dienst nach Vorschrift» machten, das heißt, sich bemühten, alle Vorschriften einzuhalten, wurde ihnen das untersagt, weil sie ihre Arbeit dadurch leerlaufen ließen.
Dadurch, daß ungerechtfertigte Schadensersatzforderungen gerichtlich durchsetzbar sind – Richtern ist die tatsächliche Arbeit von Hebammen fremd –, dadurch also Hebammen ihren Beruf letztlich unmöglich zu machen ist eine menschenrechtswidrige Einschränkung der Berufsfreiheit; und es beeinträchtigt das Wohl schwangerer Frauen.
«Heute sind die Bemühungen um eine frauen- und familienfreundliche Geburtshilfe jedoch wieder gefährdet. Schwangerschaft und Geburt werden zunehmend als Risiko gesehen, das mit Hilfe medizinischer Interventionen minimiert werden soll: 70 Prozent der werdenden Mütter in Deutschland werden als „risikoschwanger“ eingestuft, zudem verunsichern die Untersuchungen zur Pränataldiagnostik viele Frauen. Sie sind nicht „guter Hoffnung“, sondern voller Befürchtungen, was die Fähigkeit, zu gebären, beeinträchtigt», so schreibt Frau Vogel vom «FamilienGesundheitsZentrum» in einem Leserbrief. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer sehr klugen Hebamme, die auch in Mali gearbeitet hatte und nun erzählte, daß dort ein Hörrohr das einzige diagnostische Instrument gewesen sei. Die Zahl der Komplikationen sei dort und hier etwa gleich gewesen: der Nachteil, daß in Mali manche Gefahren nicht wahrgenommen werden, werde ausgeglichen dadurch, daß dort niemand erregt werde durch die Menge leicht als beunruhigend erlebter Anzeigen.
W.H.W

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Samstag, 17. Dezember 2011

Biologismus und NS-Ideologie

Eine Benn-Biographie (Holger Hof: Gottfried Benn – Der Mann ohne Gedächtnis. Stuttgart 2011), von Diedrich Diederichsen lesenswert ausgewertet, bietet eine Erklärung für Gottfried Benns NS-Sympathie:
1. Klarer Materialismus: «Wer mit Psychologie und Politikwissenschaft, mit Soziologie und Geschichte und anderem humanistischen Gesumse irgendetwas im kalten Kosmos verstehen wollte, war ein unmännlicher Träumer, der nicht den Mut hatte, sich den naturwissenschaftlichen Fakten zu stellen.»
2. Eine einfache Konsequenz des biologistischen Materialismus: «Die einzige Möglichkeit menschlichen Planens ist der direkte Griff ins Erbmaterial, ist die Züchtung.»
3. Ähnlich sah es die NS-Ideologie: «Das war dann der zweite Grund ..., warum er mit den Nazis ging. Für Züchtung hatte er sich schon länger interessiert: Das war doch eine Nummer größer als Geschichte.»
Dazu noch etwas Nationalismus , der unter den von der Weltkriegsniederlage beleidigten postwilhelminischen Deutschen ja reichlich und militant vorhanden war (zu lesen ist von Gottfried Benns «Glauben, als Akademiemitglied nur staatsloyal die deutsche Kunst bewahren zu können»), und Männlichkeits-Kult; doch als Basis biologistischer Materialismus, mit darwinistisch begründeten Höherentwicklungsphantasien bestückt: ein Sumpf, auf dem NS-Sympathien aufblühen.
Und Humanitätsideen sind nun einmal nicht materialistisch begründbar.
W.H.W

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Freitag, 3. Februar 2012

Neoliberaler Nebel

Ein Interview mit einem Professor für Internationale Volkswirtschaft, der Beratertätigkeit bei mächtigen Institutionen vorzuweisen hat.
Gegen Ende ist dort zu lesen, der Sozialstaat unter werde wohl überleben: «Die Mehrheit der Bevölkerung will ihn ja behalten.» Aber dann: «Wir sollten aber zur Kenntnis nehmen, dass der Sozialstaat oft sehr schlecht funktioniert. Ein Beispiel: Wenn Beschäftigte in Frankreich arbeitslos werden, erhalten sie für zwei Jahre automatisch 60 Prozent Arbeitslosengeld. Als Gegenleistung müssen sie nur den Eindruck erwecken, als suchten sie eine neue Stelle. Das ist eine totale Verschwendung öffentlichen Geldes. In Skandinavien dagegen ... mehr eigene Anstrengungen ... Auch Deutschland ... Privatinitiative zu belohnen. Ein Wohlfahrtsstaat wie Frankreich wird sich seine Ineffektivität nicht mehr lange leisten können.»
Es ist eigentlich bekannt, daß auch «eigene Anstrengungen» in einer Zeit, in der es sehr viel mehr Arbeitslose als offene Stellen gibt und sich «selbstständig» zu machen nach all den «Ich-AG»-Erfahrungen nur sehr begrenzt aussichtsreich ist, keineswegs Gewähr dafür bieten, Arbeit zu finden. Und wo immer doch irgendwelche Aussicht auf Erfolg besteht, da braucht auch in Frankreich angesichts von 60 Prozent Arbeitslosengeld für gerade zwei Jahre der Staat sich nicht zu bemühen, «Privatinitiative zu belohnen» – der Arbeitslose hat sowieso keine andere Wahl.
Die moderne Wirtschaft braucht (jedenfalls bei den heutigen Arbeitszeiten) ganz offensichtlich weniger Menschen zum Produzieren als zum Konsumieren der Produkte. Darum muß Menschen, die nichts produzieren, Konsum ermöglicht werden. Solches zu vernebeln, das ist Neoliberalismus.
W.H.W

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Montag, 6. Februar 2012

Muß Folter bezahlt werden?

Es war im Jahre 2002: Ein Kriminalbeamter droht einem Entführer Folter an, um das Leben des Opfers zu retten. Menschlich verständlich, aber für den Rechtsstaat nicht tragbar; der Beamte wird verurteilt, zu einer Geldstrafe auf Bewährung.
Wunderlich ist dabei nur, daß er strafrechtlich verurteilt wird, das Disziplinarverfahren gegen ihn aber eingestellt wird – umgekehrt wäre es einleuchtender.
Es war im Jahre 2007: Ein Iraner, der zum Christentum konvertiert ist, wird aus Deutschland abgeschoben in den Iran. Dort wird er gefoltert – daß das im Iran mit ehemaligen Muslimen geschieht, die zu einer anderen Religion übertreten, ist wohlbekannt. Er kann wieder fliehen; nun erhält er in Deutschland Asyl.
Es ist im Jahre 2012: Dieser Iraner soll für seine Abschiebung bezahlen, gut 5000,--.
Das damalige Opfer der Folterandrohung – ein Mörder – hat Schadensersatz gefordert. Der Iraner soll dafür bezahlen, daß er – gegen Menschenrecht und Grundgesetz – der Folter überantwortet wurde.
W.H.W

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Samstag, 17. März 2012

Rechtsprechung gegen die Natur

Ein Urteil des italienischen Kassationshofes befindet, gleichgeschlechtliche Paare hätten gleiche gesetzliche Rechte zu haben wie ein verheiratetes Paar. Mit der heutigen gesellschaftlichen Situation und auch der Europäischen Menschenrechtskonvention sei die Auffassung überwunden, nach der unterschiedliches Geschlecht die «naturalistische Voraussetzung der Ehe» sei.
Was manchem nach gewohnter PC-Folklore klingen mag, erweist sich bei näherem Hinsehen als noch viel schlimmer: wenn durch gesellschaftliche Situationen und Ausdeutungen europäischer Konventionen «naturalistische Voraussetzungen» beseitigt werden können, dann wird nicht nur dadurch zugestanden, daß die Vorstellung einer Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts widernatürlich ist (was wir ja gerne bestätigen), es wird damit auch gesagt, daß die natürlichen Tatsachen vor dem politischen Gericht keine Geltung mehr haben.
Was das bedeutet, ist leicht zu erkennen. Dann muß etwa auch die natürliche Tatsache nicht mehr gelten, daß ein Mensch ein Mensch ist. Im XIX. Jahrhundert befand der US-amerikanische Oberste Gerichtshof, daß Menschenrechte sich nicht auf alle natürlichen Menschen beziehen, sondern nur auf weiße (was der damaligen «gesellschaftlichen Situation» entsprach); und seit einigen Jahrzehnten erleben wir es ja schon, daß effektiv ungeborenen Kindern das Menschsein abgesprochen wird. Bereits sichtbar ist, daß die nächsten in der Reihe Behinderte sind: nicht nur stößt ein gewisser P. Singer auf große öffentliche Resonanz, wenn er fordert, geistig behinderten Kindern die Menschenrechte abzusprechen und sie statt dessen Menschenaffen zuzuschreiben; auch die heute gültigen Abtreibungsregeln nehmen das schon vorweg, indem sie für die Abtreibung behinderter Kinder viel weitere Fristen zugestehen als für die unauffälliger Kinder. Rechtlich geht das über eine Hilfskonstruktion: die Gefährdung der psychischen Gesundheit der Mutter durch das Austragen eines behinderten Kindes. Aber diese psychische Gefährdung zu reduzieren, indem man vor pränataler Diagnostik warnt, wird durchaus nicht in Betracht gezogen. Krankenkassen können nach solch pränataler Diagnostik sogar durch ihre Finanzierungsregeln Druck auf Mütter behinderter Kinder zur Abtreibung ausüben.
Schwarze Menschen im XIX. Jahrhundert, seit dem XX. ungeborene und behinderte; wer mag im XXI. noch an der Reihe sein?
Ein Gegenlenken des Gesetzgebers will der italienische Kassationshof ausschließen: er fordert vom Parlament, seiner Meinung entsprechende Gesetze zu erlassen; anderenfalls könne das Verfassungsgericht in einschlägigen Fällen intervenieren – die Gewaltenteilung soll aufgegeben werden. Montesquieu wollte durch seine Weiterführung dieses aristotelischen Konzeptes ausschließen, daß tyrannische Gesetze tyrannisch ausgelegt werden; nun soll für eine tyrannische Rechtsprechung gar kein Gesetzgeber mehr gebraucht werden.
W.H.W

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Montag, 2. April 2012

Gesetzesverstöße aufzudecken ist strafbar

Gesetzesverstöße sind durchaus nicht immer strafbar, nicht einmal schwerwiegende – es handelt sich hier darum, streng vertrauliche Patientenakten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Strafbar aber ist dann dennoch, sie aufzudecken.
W.H.W

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Mittwoch, 16. Mai 2012

Die Wiederverheiratung Geschiedener:
das Prinzip eines Erzbischofs

«An dem Thema dran», daß wiederverheiratete Geschiedene (gemeint ist: mit jemand anderem verheiratete Geschiedene) nicht mehr automatisch vom Kommunionempfang ausgeschlossen sein sollen, ist Mgr. Robert Zollitsch, Erzbischof von Freiburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. kath.net holt frühere Äußerungen von ihm hervor.
Welch ein Hirte! «Wenn mittlerweile fast 40 Prozent der Ehen in Deutschland geschieden werden, dann müssen wir überlegen, wie wir unsere Pastoral für diese Menschen ändern.» Also: wenn sich so zahlreiche Menschen nicht mehr an das Gebot Christi (Mc. 10, 11. 12) halten, so müsse eben die Kirche dieses Gebot ändern.
Mgr. Zollitsch bezeichnete dies als «eine Frage der Barmherzigkeit». Wieso «Barmherzigkeit»? Die Frage ist doch, ob das Gebot Christi gilt oder nicht. Wenn es nicht gilt, ist es einfach sinnlos, dessentwegen jemandem die Kommunion vorzuenthalten. Wenn es aber gilt, was ist dann barmherzig daran, jemanden zur Kommunion zuzulassen, der damit nach der Bewertung des Paulus «sich das Gericht ißt und trinkt» (I. Cor. 11, 29)?
Mich interessiert hier weniger die Frage der «wiederverheirateten Geschiedenen» als vielmehr die hier aufscheinende Denkweise, die letztlich Opportunität zum höchsten Prinzip macht und die geistliche Seite der Frage ausblendet.
W.H.W

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Religionsfreiheit

Dienstag, 26. Juni 2012

Deutsche Richter gegen das Judentum

Beschneidung – eine so ernsthafte Körperverletzung, daß ein Verbot, daß also ein Eingriff in die Religionsfreiheit legitimiert wäre? In den USA werden etwa zwei Drittel der Männer beschnitten, überwiegend mit medizinisch-prophylaktischer Begründung. Sicherlich ist diese Maßnahme aus solchen Motiven Unfug; aber angesichts des US-amerikanischen Prozeßunwesens ist es klar, daß so etwas dort nicht möglich wäre, wenn Beschneidung von Männern zu irgendwelchen Schäden oder Beeinträchtigungen führte. Somit kann das Beschneidungsverbot, das ein Kölner Gericht jetzt ausgesprochen hat, nur Religionsfeindschaft zum Motiv haben.
Wie groß aber muß der antireligiöse Furor sein, wenn ein deutsches Gericht nach der Scho’a solch ein massiv antijüdisches Urteil zu fällen wagt!
W.H.W

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Mittwoch, 4. Juli 2012

Die neue Tafel in Yad Vashem

Der Apostolische Nuntius in Israel ist zufrieden mit der Auswechselung der verleumderischen Informationstafel in Yad Vashem über das Handeln Papst Pius’ XII. während der Scho’a. Nun, er ist Diplomat, muß wohl zufrieden sein – ich bin es nicht.
Was würde man zu einem Mathematikbuch sagen, in dem steht: «Die Kritiker ... sagen, 3×3 sei 17,4. ... Die Verteidiger dagegen betonen, daß 3×3 9 sei. ... Bis alles relevante Material für Mathematiker zugänglich ist, wird dieses Thema für weitere Nachforschungen offen bleiben.»
W.H.W

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Religionsfreiheit

Freitag, 3. August 2012

Beschneidung – immer noch bekämpft

Immer noch gibt es, so lese ich, im Bundestag – bei allen möglichen Parteien – Vorbehalte gegen eine einfache allgemeine Zulassung religiös begründeter Beschneidung von Jungen.
Auch wenn es schließlich zu einem guten Ende kommt: schon das Zögern ist schlimm.
Ausgerechnet auf einem «World Socialist Web Site» ist ein ausführlicher, sorgfältig recherchierter Artikel von Justus Leicht darüber zu finden.
Siehe auch: • Deutsche Richter gegen das Judentum •

Das Verbot ist antisemitisch

Der Islam ist viel weniger betroffen als das Judentum: eine Verschiebung der Beschneidung bis zu einem Alter, in dem der Junge zustimmungsfähig ist, kollidiert nicht mit islamischer Lehre, wohl aber mit der Thora: sie ordnet die Beschneidung am achten Tag an (Lev. 12,3).
Das jüdische Volk lebt seit der babylonischen Gefangenschaft, seit mehr als zweieinhalb Jahrtausenden, zu einem Großteil, seit der Zerstörung des Zweiten Tempels, seit fast zwei Jahrtausenden, ganz überwiegend in der Diaspora. Es wird nicht durch die Rasse zusammengehalten – eine jüdische Rasse ist ein nationalsozialistisches Phantasma –, nicht durch eine gemeinsame Umgangssprache, auch nicht durch seine Profankultur, sonders allein durch die Religion. Natürlich gibt es ungläubige, gibt es nicht praktizierende «säkulare» Juden; aber solch ein Judentum wird schwerlich Generationen überdauern. Juden ihre Religion verbieten zu wollen bedeutet, das jüdische Volk auflösen zu wollen.

Das Verbot ist menschenrechtswidrig

Das Wohl der Menschen ist die eigentliche Aufgabe des Staates. Doch gerade da, wo es am wichtigsten ist, vermag der Staat nicht für ihr Wohl zu sorgen: bei dem, was den Menschen nach seinem Tod erwartet. Hier bietet die Religion ihren Weg an: es liegt in der Verantwortung des einzelnen Menschen, ihr zu folgen und auch seine unmündigen Kinder mitzunehmen auf diesem Weg; der Staat hat die Entscheidung des Einzelnen zu respektieren und den Religionen allen nötigen Raum zu lassen.
In ihrem Bereich ist die Religion also wichtiger als der Staat; die Religionsfreiheit ist darum zentrales Menschenrecht. Das Beschneidungsverbot greift in das Recht der Menschen ein, ihrer Religion gemäß für ihr und ihrer Kinder Wohl zu sorgen.

Das Verbot ist totalitär

Seit langem schon werden immer mehr Lebensbereiche von der Staatsmacht bestimmt; wo zuvor kulturelle oder religiöse Normen galten, entscheidet nun staatliche Gesetzgebung; so wurde etwa durch sie die staatlich reglementierte Zivilehe eingeführt.
Im Wesentlichen sind es zwei Einrichtungen, die noch eine gewisse Eigenständigkeit der staatlichen Verfügung gegenüber bewahren: die Familie und die Religionsgemeinschaften. Wenn auch diese dem Staat unterworfen würden, stünde der einzelne Mensch staatlichem Machtanspruch allein, isoliert gegenüber: wir bekämen mehr und mehr einen totalen Staat.
Das Beschneidungsverbot greift in die Rechte beider Einrichtungen ein, die dem Einzelnen noch Rückhalt geben.
Schwerer als die Religionsfreiheit wiege das Selbstbestimmungsrecht des Kindes, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Doch Kinder sind es nicht, die gegen die Beschneidung geklagt hätten; es ist die Staatsanwaltschaft, die ihre Sicht des Kindeswohls über die der Eltern stellt. Sicher, die Beschneidung tut weh (eine Lokalanästhesie ist durchaus sinnvoll); aber manche mehr oder auch weniger notwendigen medizinischen Maßnahmen, die niemand verbieten will, sind für ein Kind ebenso schmerzhaft. Und der seelische Schmerz, den die Trennung von der Familie in einer Kinderkrippe auslöst, wiegt sicher schwerer als der körperliche durch die Beschneidung.
Soweit mir bekannt ist, empfindet kein Jude, kein Muslim die Beschneidung als ein Defizit an körperlicher Integrität; in den USA ist ja sogar außerhalb dieser Religionen die Beschneidung sehr weit verbreitet.
Eine Beschneidung aus hygienisch gemeinten Motiven wäre natürlich bei einem unmündigen Kind nicht zu rechtfertigen, denn die medizinischen Moden sind ja sehr wechselhaft – dennoch erweckt das Kölner Gericht den Eindruck, eine solche würde es hinnehmen, wenn es befindet, eine medizinische Notwendigkeit zur Beschneidung zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge gebe es „jedenfalls in Mitteleuropa“ nicht.
Was aber für ein Kind wirklich wichtig ist, ist die Zugehörigkeit: zu seiner Familie und zu deren Kultur und zu deren Religion.
Der wirkungsmächtigste Faktor für seelische und (dadurch auch) körperliche Gesundheit ist „eine gefühlsmäßig spontane Gottesbeziehung“, wie es in einer Langzeituntersuchung, der „Heidelberger Prospektiven Interventionsstudie“, formuliert wurde (Ronald Grossarth-Maticek: Strategien zur Aufrechterhaltung der Gesundheit. Mit Vorw. v. Hans-Jürgen Eysenck, Helm Stierlin u. Michael Wannenmacher, Berlin 1999). Auch die jüdische Religion hat mit ihrem intensiven religiösen Leben in der Familie ein großes Potential, den Weg zu solch einer Gottesbeziehung zu bereiten.
Insofern ist nicht die Beschneidung Körperverletzung, sondern deren Verbot, welches dieses religiöse Leben in der Familie gravierend beschnitte.
W.H.W

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Leihmutterschaft und gleichgeschlechtliche «Ehe»

Donnerstag, 2. August 2012

Sind Kinder für die Eltern oder Eltern für die Kinder da?

Als «Babyklappen» in Deutschland aufkamen – sicher keine erfreuliche, aber eine notwendige Einrichtung –, wurde Einspruch erhoben mit der Begründung, das Kind würde so seines Rechtes beraubt, seine leiblichen Eltern kennenzulernen. «Leihmutterschaft» dagegen wird immer mehr hingenommen: ein Kind wird produziert, um jemand anderem als der natürlichen Mutter als Kind zu dienen – ohne viel darauf zu achten, ob es dieser wohl je begegnen wird. Nun das Extrem: eine indische Mutter gebiert ein Kind, schwerlich natürlich gezeugt, um in Argentinien mutterlos aufzuwachsen, dort dem biologischen Vater und dazu einem zusätzlichen Quasiadoptivvater zur Verfügung zu stehen.
Als ich Kind war, hatte ich Eltern, die für mich da waren. Nun werden Menschen künstlich produziert, um für ganz besondere Wünsche von Eltern oder Möchte-gern-Eltern da zu sein.
W.H.W

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Neue AIDS-Kampagne der Bundesregierung

Im August 2012

Was ist «’s»?

«Ich will’s», wird uns durch eine Kampagne der Bundesregierung mitgeteilt, nämlich mal «romantisch», mal «liebe-», mal «lustvoll», mal, ganz schlicht und offen, «endlich». Was die abgebildeten Herrschaften wollen – mal sehen sie nach Zwangsprostituierter, mal nach Unterweltmacho, mal einigermaßen normal aus –, ist leicht erkennbar, denn geworben wird für Kondome. Nur: «’s» ist dann doch eigentlich etwas, was sinnvollerweise nur zwei gemeinsam wollen können. Doch auf den Plakaten ist es immer nur eine Person, die «’s» will.
Es geht um Prophylaxe vor AIDS und auch anderen Geschlechtskrankheiten (die hier, damit es nicht zu einfach zu verstehen sei, «STI» genannt werden). An wen wenden sich die Plakate? An die letzten, die noch durch Bluttransfusionen infiziert sind, an die Drogenabhängigen, die Spritzen austauschen? Sicher nicht an erster Stelle.
Es geht um Menschen mit infektionsfreundlichem Sexualverhalten; es geht um Promiskuität.
Angesichts dessen ist bemerkenswert, wofür die Regierung ausdrücklich werben läßt:
«mach’s» – Ausrufezeichen! – «aber mach’s mit» – einfacher Punkt.
W.H.W

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  August 2012 — Dezember 2013:
• MORALIA IV •
Januar 2014 — November 2015:
• MORALIA V •
Dezember 2015 — Juni 2017:
• MORALIA VI •
Juli 2017 — Januar 2020:
• MORALIA VII •
Ab März 2020:
• MORALIA VIII •

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